Der 8. März hat ganz unterschiedliche Bezeichnungen und wird, teilweise mit oder ohne Gendersternchen, Internationaler Frauentag, Weltfrauentag, Internationaler Frauenkampftag oder auch einfach kurz Frauentag genannt.
In queer-feministischen Kontexten wird überwiegend vom Internationalen Frauen*kampftag gesprochen. Das Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung beispielsweise und auch Bündnisse verschiedener feministischer Gruppen, die sich jedes Jahr für den 8. März zusammenschließen – wie etwa die Bündnisse Frauen*kampftag Berlin und Düsseldorf – rufen zum „Internationalen Frauen*kampftag“ auf. Das Bündnis Berlin erklärt dazu: „Wir wählen den Begriff Frauen*kampftag, um an frühere feministische Kämpfe anzuknüpfen, deren Forderungen leider immer noch nicht umgesetzt sind.“ (Frauen*kampftag Bündnis Berlin). Die Entstehung eines Frauen*tages geht nämlich zurück auf die Zeit, als es vor allem darum ging, das Wahlrecht für Frauen sowie die Emanzipation von Arbeiterinnen zu "erkämpfen" (Deutscher Gewerkschaftsbund).
Dabei meint das Wort Frauen*kampftag den Kampf um Gleichberechtigung nicht im gewalttätigen Sinne, sondern fordert auf zum friedlichen Protest gegen Ungleichheiten in Form von Streiks und Demonstrationen weltweit (Feministische Streikbündnisse). Leider ist es auch 2022 noch so, dass Frauen* diskriminierende Strukturen und sogar Gewalt erfahren – sei es zu Hause, auf der Straße oder auf dem Arbeitsmarkt. Deswegen möchten auch wir gerne an die Tradition feministischer Bewegungen anknüpfen und informieren, Ungleichheiten sichtbar machen und gemeinsam laut werden als Form eines friedvollen Widerspruchs.
Das Gender-Sternchen symbolisiert hier, dass diese Gleichberechtigung nicht nur für cis Frauen erreicht werden soll, sondern für alle Geschlechter und alle Personen, die aufgrund von Geschlecht unter Ungleichheit leiden.
Da wir unsere Aufgaben als Teil feministischer Arbeit verstehen und dabei versuchen, eine intersektionale Perspektive auf Geschlecht einzunehmen, haben wir uns dazu entschieden, diesen queer-feministischen Begriff für unsere Veranstaltungswoche zu wählen.
Der Kampfbegriff schien gerade zu dem Zeitpunkt, wo wir Kampfhandlungen und Krieg in Europa erfahren konnten und der Ukraine ganz konkret mit Hilfeleistungen, und auch in Gedanken und im Herzen beiseite stehen, fehl am Platz. Wir wollten an dieser Stelle noch einmal deutlich hervorheben, dass der Frauen*kampftag ein Tag für friedliche Proteste weltweit ist und in keinem Fall zu mehr Gewalt beitragen, sondern die Gewalt, die Frauen* durch Unterdrückung erfahren, mindern soll. Wir haben deshalb auh innerhalb der Frauen*kampfwoche immer wieder versucht auch Artikel zu teilen, die die Situation ukrainischer Frauen* besprochen haben und wollten dies auch über die Woche hinaus leisten. Als Tipp ist hierfür auch noch immer das Magazin Katapult zu nennen, die einen Live-Blog zum Krieg in der Ukraine unterhalten und hierfür 15 ukrainische Journalist*innen eingestellt hat, davon 14 Frauen (Katapult).
Der Equal Pay Day, oder auch Tag der Lohngerechtigkeit genannt, markiert symbolisch den Tag, bis zu welchem Frauen[1] seit Jahresbeginn im Vergleich zu Männern umsonst arbeiten und fällt in diesem Jahr auf den 7. März 2022. Laut Statistischem Bundesamt verdienten Frauen 2020 rund 18% weniger als Männer (Statistisches Bundesamt ). Rechnet man diesen Prozentsatz in Tage um, arbeiteten Frauen ganze 66 Tage im Jahr unentgeltlich.
An der TU Berlin regeln Tarifverträge die Höhe der Gehälter und garantieren so mehr Lohngerechtigkeit. Laut Statistischem Bundesamt ist der Verdienstabstand im öffentlichen Dienst mit 7 % wesentlich geringer als in der Privatwirtschaft (20 %) (Statistisches Bundesamt) – dennoch sind die Unterschiede in der Vergütung noch immer nicht vollständig ausgeglichen.
Das lässt sich auch auf sogenannte strukturelle Unterschiede zurückführen. Viele Frauen erlernen Berufe, die generell schlechter bezahlt sind, arbeiten seltener in Führungspositionen und häufiger in Teilzeit (BPW a). Auch die Fakultät VII hat hier noch ein Stück Weg zu gehen – während weibliche Studierende rund 33% der Studierendenschaft ausmachen und auch Stellen Wissenschaftlicher Mitarbeiter*innen beinahe paritätisch besetzt sind (der Frauenanteil beträgt etwa 44,5%) (Frauenbeauftragte der Fakultät VII), spiegelt sich diese Verteilung noch nicht durchgehend an der Fakultät wider. Auf der Leitungsebene beträgt der Frauenanteil nur rund 20% (Frauenbeauftragte der Fakultät VII), wohingegen Frauen in wissenschaftsunterstützenden Berufen, die meist in niedrigeren Tarifgruppen verortet werden, laut Strategischem Controlling der TU Berlin die große Mehrheit ausmachen (77%).
Die Fakultät VII arbeitet seit Jahren daran, dieses Ungleichgewicht zu beheben und benennt auch im neuen Frauenförderplan, der im Mai 2022 in Kraft treten wird, gleich mehrere Maßnahmen, um Frauen an der Fakultät zu fördern. Zum einen soll beispielsweise der Anteil von Frauen in W3-Professuren (d.h. unbefristete Professuren) erhöht werden. Zum anderen sollen Frauen in Verwaltung und Technik vermehrt Weiterbildungen ermöglicht werden, um dadurch auch Um- und Aufstiegsmöglichkeiten aufzuzeigen. Diese und weitere Maßnahmen werden die Mitglieder der Fakultät VII in den nächsten Jahren in ihrer Arbeit, Lehre und Forschung unterstützen, und zu einer gleichberechtigteren Lern- und Arbeitsatmosphäre und zu einer fairen Entlohnung für alle beitragen.
Der Tag der Lohngerechtigkeit steht jedes Jahr unter einem anderen Motto, 2022 lautet es: „Equal pay 4.0 - gerechte Bezahlung in der digitalen Arbeitswelt“. Die Digitalisierung ist in vollem Gange und wird, wie wir in den letzten Jahren der Pandemie auch an der TU Berlin erfahren haben, unsere Lern-, Arbeits- und Kommunikationsweisen grundsätzlich verändern. Neben Chancen gehen mit der Digitalisierung auch Risiken für die Gleichstellung einher. Beispielsweise nehmen Frauen im Durchschnitt u.a. aufgrund von Anstellungen in Teilzeit und der Übernahme von Care Arbeit seltener als Männer an berufsbezogenen Weiterbildungen teil (Rüber/ Widany 2021) – dabei sind diese im Rahmen der Digitalisierung besonders wichtig, um bei dem raschen technologischen Fortschritt nicht abgehängt zu werden. Darüber hinaus machen Frauen insgesamt einen geringeren Anteil der Belegschaft in dieser Branche aus – unter 10 % der Startups im Bereich Digitalisierung werden von Frauen gegründet (Initiative D21 e.V.). Damit entgehen ihnen nicht nur Jobs im IT-Sektor, auch ihre Perspektive als Nutzerinnen von IT-Produkten fehlt und Algorithmen laufen Gefahr nur einseitig aus männlicher Perspektive programmiert zu werden (BPW b). Deswegen sind die Forderungen in diesem Jahr ganz konkret:
Die Forschung der einzelnen Fachgebiete an der Fakultät VII kann dazu beitragen, Lösungsansätze für manche dieser Probleme der Digitalisierung zu finden. So beschäftigt sich das Fachgebiet Finanzierung und Investition mit der Bankwirtschaft und das Fachgebiet für Statistik kann dazu beitragen, Algorithmen zu schaffen, die nicht diskriminierend sind – nur um an dieser Stelle einige wenige Beispiele zu nennen.
Arbeiten wir also gemeinsam an einer gerechteren Zukunft, in der alle Mitglieder unserer Gesellschaft fair für ihre Leistungen und Qualifikationen bezahlt werden!
[1] Nicht nur cis Frauen sind vom Gender Pay Gap betroffen, da jedoch sowohl die Zahlen des Statistischen Bundesamtes, als auch die Kennzahlen des Strategischen Controlling der TU Berlin eine binäre Datenerhebung vornehmen, ist auch der nachfolgende Artikel aus binärer Sicht geschrieben. Wir möchten an dieser Stelle jedoch noch einmal deutlich darauf hinweisen, dass Lohnunterschiede und die ungleiche Verteilung von Care Arbeit über die Situation von cis Frauen hinausgeht und vor allem auch diverse Personen aus vielen komplexen Gründen von (Lohn)Ungleichheiten betroffen sind.
Quellen
Business and Professional Women (BPW) Germany e.V. (a): Equal Pay 4.0. Gerechte Bezahlung in der digitalen Arbeitswelt. URL: www.equalpayday.de/informieren/ [Stand: 22.02.2022].
Business and Professional Women (BPW) Germany e.V. (b): Pressemappe zur Kick-Off Veranstaltung der Equal Pay Day Kamapgne 2022. URL: www.equalpayday.de/presse/pressekoffer/ [Stand: 02.03.2022].
Business and Professional Women (BPW) Germany e.V (c): Equal Pay 4.0. Gerechte Bezahlung in der digitalen Arbeitswelt. URL: www.equalpayday.de [Stand: 02.03.2022].
Frauenbeauftragte der Fakultät VII: Zahlen zum Frauenanteil der Fakultät VII. URL: www.tu.berlin/wm/ueber-uns/beauftragte-gremien/frauenbeauftragte/zahlen-zur-fakultaet-vii/ [Stand: 02.03.2022].
Initiative D21 e.V. (Hg.): Digital Index 2020/2021. Jährliches Lagebild zur Digitalen Gesellschaft. URL: initiatived21.de/app/uploads/2021/02/d21-digital-index-2020_2021.pdf [Stand: 02.03.2022].
Rüber, Ina E./Widany, Sarah (2021): Gleichstellung durch Weiterbildung in einer digitalisierten Gesellschaft. Expertise für den Dritten Gleichstellungsbericht der Bundesregierung. URL: www.dritter-gleichstellungsbericht.de/de/article/259.gleichstellung-durch-weiterbildung-in-einer-digitalisierten-gesellschaft.html [Stand: 02.03.2022].
Statistisches Bundesamt: Qualität der Arbeit. Gender Pay Gap. URL: www.destatis.de/DE/Themen/Arbeit/Arbeitsmarkt/Qualitaet-Arbeit/Dimension-1/gender-pay-gap.html [Stand: 22.02.2022].
Wer sich weiterführend über den Equal Pay Day informieren möchte, kann dies unter anderem auf der Seite des Vereins Business and Professional Women (BPW) Germany tun: https://www.equalpayday.de/
Hier gibt es Studien, Podcasts und Kampagnen sowie Strategien und Aktionen, um auf die geschlechtsspezifische Lohnlücke aufmerksam zu machen und gemeinsam darauf hinzuarbeiten, diese zu schließen. Der Verein wird unterstützt durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.
In diesem Artikel erzählen Frauen von ihren Erfahrungen mit dem Gender Pay Gap.