Urban Water Interfaces

Grenzzonen & Schnittstellen

...zwischen natürlichen Kompartimenten (natürliche Schnittstelle: z. B. Oberflächenwasser-Grundwasser)

...in technischen Systemen (technische Schnittstelle: z. B. Abwasser-Gas-Raum in der Kanalisation) oder

...zwischen natürlichen und technischen Systemen (z. B. Uferfiltration)

Das städtische Wassersystem

Städtische Wassersysteme sind gekennzeichnet durch enge Verbindungen zwischen:

  • Natürlichen aquatischen Ökosystemen, die hinsichtlich ihrer Morphologie, der Wasser- und Stoffflüsse und der aquatischen Lebensgemeinschaften stark verändert wurden.
  • Groß angelegten technischen Systemen zur Wassergewinnung, Wasseraufbereitung, Wasserspeicherung und -verteilung für den Trinkwasserkonsum, zur Sammlung und Reinigung von Abwasser und Abflüssen und zur anschließenden Einleitung in den Vorfluter.
  • Mehrfachnutzungen wie beispielsweise Wasserstraßen und Freizeitaktivitäten.

Von den vielfältigen natürlichen und technischen Schnittstellen im städtischen Wasserkreislauf betrachten wir insbesondere:

Wasserflächen

Wasserflächen dienen als bidirektionale Austauschflächen für Wasser, Gase, Partikel und Wärme zwischen der Atmosphäre und städtischen Gewässern. Der erwartete Temperaturanstieg infolge des Klimawandels wirkt sich stark auf diesen Austausch aus und beeinflusst die Verdunstung, die Treibhausgasemissionen, die Bildung von Cyanobakterienblüten, die Invasion nicht einheimischer Arten, die Dynamik des Ökosystems städtischer Seen und das städtische Mikroklima aus.

Städtische Böden und Vegetation

Städtische Böden und Vegetation stehen in Verbindung mit der Atmosphäre und dem Grundwasser und werden durch den Eintrag von Schadstoffen (z. B. Schwermetalle, Salze und Reifenabrieb) stark beeinträchtigt. Sie sind vom Temperaturanstieg infolge des Klimawandels betroffen, dienen der Grundwasseranreicherung und der Speicherung von Regenwasser oder geklärtem Abwasser und wirken sich durch Evapotranspiration ("green fluxes") positiv auf das städtische Mikroklima aus.

Grundwasser und Sedimente

Grundwasserleiter und Sedimente bilden eine Schnittstelle zwischen städtischen Gewässern und dem Untergrund und fungieren durch den Abbau von Schadstoffen wie Mikroverunreinigungen als dynamische Senken und Quellen für städtische Wasser- und Stoffflüsse in der hyporheischen Zone und bei der Uferfiltration ("blue fluxes"). Ihre ökologischen Funktionen werden in der Regel durch technische Systeme und Bewirtschaftungsmaßnahmen stark beeinträchtigt und dürften durch den Klimawandel weiter verändert werden.

Abwassersysteme

Kanalisationen sind gekennzeichnet durch anaerobe Bedingungen, die zur Sulfidbildung, zur Emission von Schwefelwasserstoff aus dem (Abwasser) in die Gasphase, zur anschließenden Oxidation zu Schwefelsäure und damit zur Korrosion an der Grenzfläche zwischen dem Gas und den Baustoffen (z. B. Beton) führen, sowie durch die Bildung und Emission von Treibhausgasen und mikrobiellen Umwandlungen in Biofilmen an der Kanalwand.

Wasseraufbereitung

Unter den technischen Schnittstellen verbindet die Wasseraufbereitung die (Ab-)Wasserphase mit der festen Phase, umfasst die Aufbereitung von Grund-, Oberflächen- und Abwasser und bietet Möglichkeiten zur innovativen Steuerung der Schadstoffentfernung (z. B. organische Spurenstoffe) durch natürliche (z. B. Deiodierung, Sorption) oder fortschrittliche technische Verfahren (z. B. anaerobe oder mikrobielle Umwandlungen).

Flüsse und Prozesse an Schnittstellen beschreiben den Austausch von Wasser, gelösten Stoffen, Gasen und Energie.

Sie sind recht komplex, gekennzeichnet durch steile physikalische und biogeochemische Gradienten, eine hohe Anzahl von (Mikro-)Organismen und Reaktionsraten, gekoppelte nichtlineare Prozesse mit Rückkopplungseffekten in möglicherweise heterogenen und dynamischen Strukturen.

Die Verbindung zwischen natürlichen und technischen Systemen ist bei der Uferfiltration, der Einleitung von gereinigtem Abwasser in Oberflächengewässer, der Anreicherung von verschmutztem Abfluss und der künstlichen Grundwasseranreicherung offensichtlich. Diese Prozesse sind sehr komplex und ein umfassendes Verständnis erfordert weitere detaillierte Studien über die Kopplung von physikalisch-chemischen Prozessen und mikrobiologischen Umwandlungen unter verschiedenen Umweltbedingungen.

Das Graduiertenkolleg UWI konzentriert sich weiterhin auf die Ähnlichkeiten von Grenzflächen auf verschiedenen Ebenen. Durch die Untersuchung mehrerer städtischer Wassergrenzflächen planen wir in der zweiten Förderperiode eine Verallgemeinerung der Grenzflächenkonzepte in Bezug auf Mess-, Modellierungs- und Skalierungsmethoden und -techniken. Dies ist nach wie vor ein Alleinstellungsmerkmal und eine wesentliche Stärke im Vergleich zu anderen Verbundforschungsprojekten, die sich auf einzelne Schnittstellen in weniger komplexen Umgebungen als dem städtischen Wassersystem konzentrieren. Es sollen verstärkt Gemeinsamkeiten zwischen einer Reihe von natürlichen und technischen urbanen Wasserschnittstellen erforscht werden, zum Beispiel Gasaustauschprozesse an Wasseroberflächen urbaner Gewässer und an (Abwasser-)Oberflächen in Kanalsystemen.

Beispiele für spezifische Probleme in städtischen Wassersystemen sind:

  • Die Bodenflächen sind durch Straßenbeläge und Gebäude stark versiegelt, was die natürliche Grundwasserneubildung verringert und die Abflussmenge erhöht.
  • Natürliche aquatische Ökosysteme sind in ihrem Wasserhaushalt stark verändert und werden durch eine Kombination aus überlaufenden Abwasserkanälen und unvollständiger Klärung mit zahlreichen Schadstoffen (z. B. Nährstoffen, Mikroverunreinigungen) belastet, die sich negativ auf die aquatische Biota auswirken.
  • Es gibt teilweise geschlossene Wasserkreisläufe mit abwasserbelasteten Gewässern, aber das Verständnis der Prozesse in den jeweiligen Kompartimenten und ihrer Übergänge ist unzureichend.