Umweltmikrobiologie

Unterstützung oder Sanierung von kontaminierten urbanen Seen: Chancen und Risiken der Zugabe von Calciumnitrat und Sauerstoff angereichertem Wasser während der Sommerstratifizierung

In Zusammenarbeit mit Ingenieursbüro Wassmann / TU Berlin Bodenkunde / TU Berlin Umweltchemie und Luftreinhaltung

In diesem Forschungsprojekt wird der Einfluss eines neuen Verfahrens zur Unterstützung bzw. Sanierung von Seen mit sauerstoffarmen Gewässern und stark belasteten Sedimenten untersucht.

In sauerstoffarmen Gewässern können Verbindungen wie Nitrat, Sulfat, Eisen oder Kohlendioxid als Elektronenakzeptoren für die mikrobielle Atmung dienen. Darüber hinaus können Fermentationsprozesse stattfinden. Abbauprozesse, die Sauerstoff als direkten Reaktionspartner benötigen, werden unter diesen Bedingungen erheblich verlangsamt oder gestoppt. Neben der Ablagerung unvollständig zersetzter organischer Stoffe kann es zur Bildung von Schwefelwasserstoff (giftig), Ammoniak (fischgiftig und sauerstoffzehrend) und zu einer verstärkten Freisetzung von Phosphat kommen, was die Eutrophierung weiter beschleunigt. Urbane Seen sind darüber hinaus einer Vielzahl von potenziell toxischen Komponenten wie aliphatischen Kohlenwasserstoffen, PAKs, halogenierten organischen Verbindungen und Metallen ausgesetzt, die über unbehandeltes Regenwasser aus der städtischen Umgebung eingetragen werden können.

Der Schäfersee ist ein geschichteter See in Reinickendorf, Berlin, der aus der letzten Eiszeit stammt. Im Laufe der letzten Jahrzehnte hat sich im Schäfersee eine geschätzte Menge von über 80 000 m3 hochbelasteter Sedimente angesammelt, die durch jahrelanges Einleiten von unbehandeltem Regenwasser aus einem über 250 ha großen urbanen Regenwassereinzugsgebiet entstanden sind. Die Folgen waren unter Anderem ein fast ganzjähriges Sauerstoffdefizit im Hypolimnion und regelmäßiges Fischsterben.

Um den See zu entlasten werden dem Hypolimnion des Sees gleichzeitig Calciumnitrat und sauerstoffangereichertes Wasser zugeführt, ohne seine Schichtung zu stören. Das Nitrat soll als Elektronenakzeptor für die mikrobielle Atmung dienen und dadurch potentiell zu einer verringerten Sulfid- und Methanbildung sowie zu einem verstärkten Abbau organischer Stoffe durch heterotrophe, nitratverarbeitende Organismen beitragen. Der zugeführte Sauerstoff soll sauerstoffabhängige enzymatische Prozesse der Schadstoffumwandlung stimulieren. Darüber hinaus wird durch die Zugabe von Nitrat eine Erhöhung des Redoxpotentials erwartet, die dazu beitragen soll, die Rücklösung von Phosphat aus dem Sediment zu verhindern und damit die Verfügbarkeit von Phosphat zu begrenzen. Positive Effekte wie die fast vollständige Verhinderung der Schwefelwasserstoffbildung und eine verringerte Phosphorbelastung des Sees wurden als Ergebnis der Behandlung bereits beobachtet.

Die begleitenden mikrobiologischen Analysen dienen nicht nur dem Verständnis der Wirkungsweise und Effizienz des Verfahrens, sondern auch der Entwicklung von Kontrollparametern und -verfahren auf der Grundlage schnell nachweisbarer molekularbiologischer Parameter. Mit Hilfe von 16S rRNA-Gensequenzen und Metagenomanalysen zum Nachweis funktioneller Gene sollen qualitative und quantitative Veränderungen der mikrobiellen Sedimentpopulationen analysiert werden.

Darüber hinaus wird der Einfluss der Zugabe von Calciumnitrat und sauerstoffangereichertem Wasser auf persistente organische Schadstoffe in den Sedimenten ebenso untersucht wie die Reduktion oder Bildung klimarelevanter Gase wie Methan oder Lachgas. Gleichzeitig werden auch mögliche Risiken des Verfahrens untersucht, wie z.B. die mögliche Mobilisierung von (Halb-)Metallen aus dem Sediment in den Wasserkörper während der Behandlung.

Das Projekt wird durch das BMBF gefördert.

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