Ahnen-Rekonstruktion von Proteinsequenzen
Glücklicherweise geben die jüngsten Fortschritte in der Molekularbiologie und der computergestützten Biologie den Forscher*innen eine Art Labor-Zeitmaschine an die Hand: die Ahnen-Rekonstruktion von Proteinsequenzen, die in der Arbeitsgruppe von Georg Hochberg durchgeführt wird. Zudem ist das Lichtschutz-System der Cyanobakterien, mit dem sich die Gruppe von Thomas Friedrich an der Technischen Universität Berlin seit mehreren Jahren beschäftigt, ideal dafür geeignet, das evolutionäre Zusammentreffen zweier Proteinkomponenten zu erforschen. Frühe Cyanobakterien erhielten nämlich die FRP-Proteine durch horizontalen Gentransfer von einem Proteobakterium. Dieses hatte selbst keine Fähigkeit zur Photosynthese und besaß somit auch kein OCP-Protein.
Um herauszufinden, wie sich die Interaktion zwischen OCP1 und FRP entwickelte, rekonstruierte Niklas Steube, Erstautor der Studie und Doktorand am Marburger Max-Planck-Institut, am Computer die Sequenzen der OCP- und FRP-Proteine, die vor Milliarden von Jahren existierten. Dazu benutzte er den Umstand, dass es in verschiedenen Cyanobakterien ähnliche OCP-Proteine gibt (neben OCP1 auch „OCP2“ und „OCPx“), die von einem gemeinsamen Vorfahren abstammen müssen. Ausgehend von diesen kleinen Unterschieden ist es möglich, den Stammbaum der OCP-Proteine zu rekonstruieren und auf den „Protein-Urahn“ zu schließen. Dessen Aminosäure-Sequenzen übersetzte Steube anschließend in DNA und brachte sie in E.coli-Bakterienzellen ein. Diese produzierten dann die Urahn-Proteine, die anschließend aus den Bakterien gereinigt wurden, um ihre molekularen Eigenschaften untersuchen zu können. Bei den FRP-Proteinen ging Steube ähnlich vor.