Konrad Zuse ist ein Berliner. Am 22. Juni 1910 wurde er in der Hauptstadt geboren. Schon als Schüler fiel er durch viele Talente auf: Der Lateinlehrer entdeckte in Zuses Sprachlehrbuch Lokomotiven-Zeichnungen und machte den Zeichenlehrer auf diese Fähigkeit aufmerksam. Der junge Zuse konnte aber nicht nur Modelle wiedergeben, er hatte auch eine Begabung für die Karikatur. Als Student unterhielt er später Freunde durch humorvolles Schnellzeichnen. Beinahe wäre er sogar Werbezeichner geworden. Neben dieser künstlerischen Ader interessierte sich Zuse aber leidenschaftlich für Technik. Im Fahrradreparieren war er erfinderisch und geschickt, und mittels eines Stabil-Metallbaukastens bastelte er verwegene Maschinen-Konstruktionen. 1927 legte er am Realgymnasium die Abiturprüfung ab, um 1928 an der Technischen Hochschule zu Berlin Maschinenbau zu studieren. Der Diplom-Ingenieur wollte Erfinder werden und suchte nur noch das Objekt seiner Inspiration.
Zunächst aber wechselte er das Studienfach und wählte die Architektur. Schließlich entschied er sich fürs Bauingenieurwesen. Hier schien es die gesuchte Kombination von Ingenieur und Künstler zu geben. Und hier fand er – nachdem er sich schon mit einigen Erfindungsprojekten wie mit einem automatischen Fotolabor, einem elliptischen Kino und einem geldwechselnden Warenautomaten befasst hatte – endlich das Objekt, mit dem er sein Erfindertalent beweisen wollte: eine programmgesteuerte Rechenmaschine. Doch die Zeitumstände für eine solche Erfindung waren alles andere als gut. 1933 kamen die Nationalsozialisten an die Macht, und die Verhältnisse an der Technischen Hochschule Berlin änderten sich grundlegend.
Der freie Geist konnte nur noch subversiv wirken, die Forschung wurde aufs Militärische und auf schnelle Realisierung ausgerichtet. Außerdem galt die Rechenmaschine als eine ausgefeilte Technik, an der nichts mehr zu verbessern sei. Ein Informationsaustausch mit Technikern in den USA, etwa mit Howard Aiken, der ebenfalls an der Computertechnik arbeitete, war unmöglich. Dennoch wagte Konrad Zuse das Unmögliche. Nach Studienabschluss 1935 arbeitete Zuse als Statiker bei den Henschel-Flugzeugwerken in Berlin. Doch schon 1936 entschloss er sich, seinen Computer in der elterlichen Wohnung zu bauen. Seine Eltern, seine Schwester Lieselotte und viele Studienfreunde unterstützten ihn finanziell und durch Mitarbeit. Dem neugierigen Arbeitsamt erklärte er listig, er beteilige sich am Wettbewerb des Reichsluftfahrtministeriums und entwickele einen Tankmesser. Allein auf Freunde und Familie gestellt, begann Zuse im familiären Wohnzimmer mit der Konstruktion des „Z1“. Das war ein noch gänzlich mechanisch arbeitender Computer. Aber im Unterschied zu Aiken in Harvard orientierte sich Zuse am binären Zahlensystem. Diese Idee war neu und erleichterte den Einsatz von elektrischen und elektronischen Schaltmitteln. Seit 1937 hatte Zuse in Helmut Schreyer einen kongenialen Helfer. Er regte zum Beispiel an, Relais durch Röhren zu ersetzen, und das erwies sich als eine sehr fruchtbare „Schnapsidee“.
Außerdem hatte Schreyer Kontakte zu den Professoren Wilhelm Stäblein und Herbert Wagner, die das Computerprojekt unterstützten, indem sie unter anderem dafür sorgten, dass Zuse während des Krieges „uk“ gestellt wurde und in der Rüstungsforschung arbeiten konnte. Das war die Voraussetzung für die Weiterentwicklung des Computermodells „Z1“, das bereits 1938 vollendet wurde, zu „Z2“, das auf Relaisbasis zufriedenstellend arbeitete, zu „Z3“, das seit Juli 1941 als erster voll betriebsfähiger programmgesteuerter Computer der Welt galt. Nur das Modell „Z4“ überstand den Krieg und wurde danach in der ETH Zürich aufgestellt. Mit der Verleihung des Titels Dr.-Ing. E. h. 1957 erkannte die Technische Universität Berlin die Verdienste Konrad Zuses um die Computerentwicklung spät an.