Grüner Strom für den Mobilfunk

Kleine Turbinen drehen sich direkt am Mast

„Mowea“, ein Spin-Off der TU Berlin, bietet Mikrowindturbinen als modulares Energiesystem an. Die Module können je nach Energiebedarf zusammengeschaltet und mit einer bestehenden Fotovoltaik-Anlage kombiniert werden. Sie lassen sich in der Industrie, für Büros und Eigenheime einsetzen. Aktuell wird in einem Pilotprojekt geprüft, wie viel Energie die kleinen Turbinen an Mobilfunkmasten, deren Strombedarf wächst, erzeugen und dadurch direkt fossilen Strom ersetzen können.

Der Windkraft kommt bei dem zunehmend auf Erneuerbaren Energien beruhenden, emissionsarmen Energiesystem große Bedeutung zu. Wer bei Windenergieanlagen (WEA) an 80 bis 100 Meter hohe, brummende Masten denkt, ist bei Modular Wind Energy Systems (MOWEA) auf dem Holzweg. „Mowea“ bietet kleine Einzelturbinen in schickem Design, die sich an unterschiedliche Einsatzbereiche anpassen lassen, mit bis zu 100 Kilowatt Nennleistung. Strömungsmechanische Optimierungen der Rotorblätter und modifizierte Halterungen senken den Geräuschpegel der Turbine erheblich. Eine veränderte Verankerungstechnologie wirkt der Übertragung von Vibrationen auf darunterliegende Gebäude entgegen.

„Für unsere Mikrowindanlage eignet sich eine vorhandene und hohe Infrastruktur besonders gut. So sind wir darauf gekommen, Windkraft am Mobilfunkmast zu integrieren“ erzählt Robert Johnen, Managing Partner bei „Mowea“.

„Insbesondere die 5G-Antennen sind zwar sehr effizient, absolut gesehen steigt der Strombedarf von Sendemasten durch die zunehmende Digitalisierung jedoch rasant“, berichtet Johnen. „Ziel von unserem strategischem Partner Vantage Towers ist es, Funkmasten zunehmend mit grüner Energie aus Fotovoltaik und Wind zu betreiben.“

Gemeinsam mit der Vodafone-Tochter Vantage Towers, die europaweit etwa 82 000 Funktürme unterhält, entwickelt „Mowea“ seit zweieinhalb Jahren den Betrieb der Mikrowindsysteme in Kombination mit integrierten Solaranlagen an Sendemasten. Das hybride System ergänzt sich, da Windkraftanlagen auch nachts funktionieren und dabei sehr leistungsstark sind. Es kann bei einer mittleren Windgeschwindigkeit von drei bis vier Metern pro Sekunde auf Installations- höhe etwa eine Kilowattstunde pro Tag erzeugen. Bei höheren Windgeschwindigkeiten erhöht sich der Energieertrag bei- nahe exponentiell, daher setzt „Mowea“ auf Standorte mit durchschnittlich mehr als vier und fünf Metern pro Sekunde Windgeschwindigkeit, wie sie bei Funk- türmen zu finden sind. Auf einen Mast können etwa zehn bis zwölf Turbinen mit fünf bis sechs Kilowatt Nennleistung montiert werden. Das reicht für bis zu Zweidrittel der Energieversorgung eines Funkmasts.

Mikrowindturbine ist serienreif

Der Pilot mit Vodafone und Vantage Towers ging im Dezember 2019 an den Start und wird kontinuierlich ausgewertet. Für die Anwendung am Telekommunikationsmast ist die Serienproduktion angeschoben. Eine Einzelturbine kostet unter 1000 Euro, hinzu kommen Kosten für die Halterung, weitere Systemkomponenten und Kabel.

Johnen beschreibt vielfache Einsatzmöglichkeiten: „Unsere Mikrowindturbine ist serienreif. Wir feilen an unterschiedlichen Halterungsmodellen, die sich an verschiedene Situationen anpassen, für Anwendungen wie Bürogebäude, Krankenhäuser, Flughäfen oder auch Eigenheime. Ein Bereich mit wachsendem Bedarf an dezentraler Energie sind beispielsweise Ladestationen für Elektroautos.“

So vielfältig die Anwendungsfelder der dezentralen Energieerzeugung sind, die Vision der jungen Erfinder bleibt stets gleich: den Anteil von fossilem Strom an der Energieerzeugung zu reduzieren, um die CO2-Emissionen zu senken.

 

Autorin: Christina Camier

Originalpublikation

Der Text ist am 31. Juli 2021 in der Sonderbeilage des Climate Change Centers in Der Tagesspiegel erschienen.