Von passenden Umgangsformen bis zum Wegfall von langen Anfahrtswegen

Was TU-Mitglieder vom Mobilen Arbeiten halten und welche Tipps sie haben

Stefanie Nickel, Vorsitzende des Personalrats für Beschäftigte

Wo sehen Sie besondere Punkte, auf die Teams und ihre Führungskräfte achten sollten, damit Mobiles Arbeiten gelingt?

Teams und Führungskräfte sollten beim Mobilen Arbeiten verstärkt darauf achten, vertrauensvoll zusammenzuarbeiten: Es sollte die Grundannahme bestehen, dass im Homeoffice ‚tatsächlich‘ gearbeitet wird und keine Kontrollen erfolgen, die es am Büroarbeitsplatz auch nicht gäbe. Das setzt gegenseitig präzise Absprachen und Vereinbarungen voraus, zum Beispiel zur Erreichbarkeit.

Shaun Rudorf, Vorsitzender des Personalrats der studentischen Beschäftigten

Häufig arbeiten studentische Beschäftigte als Tutor*innen oder im Labor. Wo sehen Sie die Hauptanwendungsfelder für Mobiles Arbeiten für studentische Beschäftigte?

Es ist großartig, dass Themen wie Erreichbarkeit, Arbeitsortswechsel, Arbeitszeit und dienstliche Sondersituationen geregelt sind, sodass beispielsweise Berechnungen und Labordokumentationen oder Vorbereitungen von Tutorien ortsunabhängig, aber auch sicher ausgeführt werden können.

Angela Fiebig, Vertrauensperson der Schwerbehindertenvertretung

Das Mobile Arbeiten ermöglicht eine deutlich flexiblere Gestaltung des Arbeitstages und des Arbeitsumfeldes. Wo sehen Sie die großen Chancen des Mobilen Arbeitens für Beschäftigte mit körperlichen Beeinträchtigungen?

Das Mobile Arbeiten ist für alle Beschäftigte interessant. Für Schwerbehinderte bietet die Möglichkeit des Mobilen Arbeitens mehrere Vorteile. Beispielsweise kann es für Menschen mit Mobilitätseinschränkungen ein echter Gewinn sein, nicht mehr täglich zum Arbeitsplatz fahren zu müssen. Der Arbeitstag kann individuell und flexibel gestaltet werden, so dass regelmäßige Therapiebehandlungen besser wahrgenommen werden können. Eine flexible Arbeitsorganisation ermöglicht es den Menschen mit Behinderung, Arbeitszeiten, Pausen und Arbeitsrhythmen auf die Bedürfnisse und Fähigkeiten abzustimmen und effektiv zu arbeiten.

Christoph Roesrath, Fakultätsverwaltungsleiter, Fakultät VI Planen Bauen Umwelt

Welche Vorteile sehen Sie im Mobilen Arbeiten?

Mobiles Arbeiten ermöglicht zukünftig vielen Beschäftigten ein zeitlich flexibles Arbeiten und kann die Attraktivität der TU Berlin steigern. Die Erfahrungen aus 16 Monaten Pandemie haben aufgezeigt, dass Mobiles Arbeiten Dank der Bereitschaft, sich auf neue digitale Arbeitstechniken einzulassen, grundsätzlich in vielen Bereichen möglich ist und viele Beschäftige es nicht mehr missen wollen.

Und welche Herausforderungen müssen wir angehen, damit die Flexibilisierung gelingt?

Mobiles Arbeiten kann in der Regel nur gut gelingen, wenn wir in sicherer IT-Umgebung angepasste Arbeitsroutinen zur Verfügung stellen können. Da dies nicht überall gelingen kann, beispielsweise in Laboren und Werkstätten, müssen wir darauf achten, keine ‚Zwei-Klassen-Arbeitswelt‘ zu schaffen. Wir müssen die Prozesse zwischen Mobilem und Arbeit in Präsenz harmonisieren. Die Gestaltung dieses Wandels ist eine der großen Herausforderungen.

Annette Hiller, Stellvertretende (und kommissarische) Leiterin des Referats für Angelegenheiten der Akademischen Selbstverwaltung und Behördliche Datenschutzbeauftragte

Gibt es besondere Punkte im Datenschutz, die man beim Mobilen Arbeiten beachten sollte? Und wenn ja, welche sind das?

Die wichtigste Regel im Datenschutz - auch beim Mobilen Arbeiten - lautet: So wenig wie möglich, so viel wie nötig. Also frage ich mich immer: Muss ich diese Daten wirklich anfassen? Im Homeoffice zusätzlich: Besteht die Gefahr, dass jemand Drittes unerlaubt Zugriff auf meine Arbeitsdaten erhält, weil mein System schlecht gesichert ist, mir jemand über die Schulter schaut, andere Familienmitglieder den gleichen PC nutzen o.ä. Das Team Datenschutz hat auf seiner Website Tipps und Anleitungen zum datenschutzgerechten Arbeiten im Homeoffice veröffentlicht. Einfach mal reinschauen!

Maria Oswald, Frauenbeauftragte der Zentralen Universitätsverwaltung (ZUV)

Wie kann verhindert werden, dass Frauen durch Mobiles Arbeiten eine Doppelbelastung im Haushalt erfahren?

Studien bestätigen, dass durch das Homeoffice/Homeschooling Geschlechterrollen retraditionalisiert werden können und stundenlanges konzentriertes Arbeiten zu Hause durch die Doppelbelastung von Familie und Beruf gerade für Frauen schwierig ist. Daher ist es ratsam, erstmal auszuprobieren, wo ‚frau‘ in welchem Umfang gut arbeiten kann/möchte.

Welche Ratschläge können Sie geben?

Hilfreich könnten im Homeoffice eine bewusste Abgrenzung von Erwerbsarbeit und Sorgearbeit, Strukturierung des Tagesablaufs und gute Arrangements mit den Familienangehörigen sein.

Alexander Moritz, Referent für Organisationsentwicklung, Büro des Kanzlers

Eine Arbeitsgruppe erarbeitet einen Knigge für Mobiles Arbeiten. Warum brauchen wir das?

Gute Zusammenarbeit ist keine Selbstverständlichkeit! Damit das Miteinander auch im Kontext Mobiler Arbeit gelingen kann, brauchen wir ein gemeinsames Verständnis über die - teilweise individuellen -  Möglichkeiten und auch Grenzen dieses Konzepts.

Die Einführung von Mobilem Arbeiten ist ein Prozess der Organisationentwicklung, bei dem offene und konstruktive Kommunikation zwischen Führungskräften und (zwischen) Mitarbeitenden notwendig ist. Wir brauchen einen Dialog, der passende Antworten findet für neue Formen und Regeln der Zusammenarbeit.

Dazu müssen wir uns u.a. folgenden Fragen stellen:
Wie erzeugen wir soziale Nähe und ein Gefühl von Gemeinschaft trotz räumlicher Distanz?
Wie entwickeln wir gegenseitiges Vertrauen und Zuversicht in das Gelingen dieses Prozesses?
Wie vereinbaren wir Mobiles Arbeiten mit der Arbeit in Präsenz?
„Der Umgang formt den Menschen." Lassen Sie uns diesen Umgang gemeinsam formen! Für eine gute Zusammenarbeit an der TU Berlin.

 

 

 

Die Fragen stellte Christina Camier.

Johannes Roderer, Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Fakultät V Verkehrs- und Maschinensysteme

Möchten Sie 40 % pro Woche für Mobiles Arbeiten nutzen? Was bringt Ihnen das oder welche Gründe haben Sie?

Meine Stelle an der TU Berlin begann ich im November 2020. Dementsprechend habe ich das Arbeiten am Fachgebiet Integrierte Verkehrsplanung bislang nur im Homeoffice bzw. maximal an einem Tag pro Woche in Präsenz im Büro kennengelernt. Dadurch lernte ich beide Arten des Arbeitens schätzen – und möchte beide nicht missen. Arbeiten in Präsenz halte ich für essenziell. Das Treffen mit den Kollegen und Kolleginnen zum fachlichen Austausch ‚zwischen Tür und Angel‘ oder persönliche Gespräche beim gemeinsamen Mittagessen sind wichtige Elemente für mich, die sowohl effizientes Arbeiten als auch emotionales Wohlergehen fördern. Onlinetools können meiner Meinung eine Begegnung von Angesicht zu Angesicht nur sehr begrenzt ersetzen.

Gleichzeitig bedeutet das mobile Arbeiten für mich einen Gewinn an freier Zeit. Obwohl ich in Berlin wohne, bedeuten Hin- und Rückfahrt für mich jeweils 45 Minuten mit dem Rad. Eine Zeit, die ich meistens genieße und zum Abschalten gut gebrauchen kann. Für ein Arbeiten in Präsenz an jedem Tag in der Woche summiert sich die Zeit jedoch auf 7,5 Stunden – wertvolle Zeit, in der ich mich anderen Projekten und Hobbys widmen oder mich einfach erholen kann. Daher möchte ich weiterhin gerne einen Teil meiner Zeit mobil arbeiten. 40 bis 50 % halte ich dabei für einen Anteil, der einen guten Ausgleich ermöglicht.

Madlen Sanchino Martinez, Referentin Personalentwicklung, Abteilung II - Personal und Recht, Servicebereich Personalentwicklung und Weiterbildung

Müssen wir Mobiles Arbeiten erst noch lernen?

Ich denke, dass wir alle eine steile Lernkurve in den letzten 16 Monaten absolviert und auf dem Weg - insbesondere mit Blick auf den Einsatz der Technik - viel gelernt haben. Jetzt können die nächsten Schritte folgen.

Was wurde während der Pandemie bereits sehr nachgefragt?

Insbesondere Angebote für die technischen und digitalen Voraussetzungen des mobilen Arbeitens, also der Umgang mit und die Einsatzmöglichkeiten von technischen Tools.

Sehen Sie für künftiges dauerhaftes Mobiles Arbeiten anderen Qualifizierungsbedarf im Vergleich zur akuten Pandemiesituation?

An die technische Kompetenz der Beschäftigten sollten sicher Qualifizierungsthemen veränderter Führung im digitalen Raum, Zusammenarbeit und Teamkultur, aber auch die Reflexion der sich verändernden Arbeitskultur und Prozessabläufe anschließen.