Nicht selten begleiten die Schullaufbahn Fragen wie: Wozu habe ich das jetzt gelernt? Den Stoff brauche ich doch später für meine berufliche Laufbahn nie wieder? Die Schule demotiviert mich eher, als dass sie mich anspornt. Warum vermitteln meine Lehrer*innen die Inhalte nicht mit mehr Enthusiasmus? Um dieser Frustration vorzubeugen, setzt das sogenannte Schulfach Glück an einer anderen Stelle an: Inhalte sollen so vermittelt werden, dass Schüler*innen selbst aktiv an ihren eigenen Fähigkeiten arbeiten und mit der Erkenntnis „Ich kann was!“ aus dem Unterricht gehen. An der TU Berlin werden Glückslehrkräfte am Institut für Berufliche Bildung und Arbeitslehre in Kooperation mit der Sethasa gGmbH ausgebildet. Was für einige zu spirituell klingen mag, ergibt beim näheren Hinsehen Sinn für alle Beteiligten. Motivation und Kompetenzen der Lehrkräfte nehmen zu und Schüler*innen erlangen unter anderem das nötige Selbstbewusstsein, mit dem sie in künftigen Lebenssituationen in Beruf und Alltag bestehen können.
Paula Deutschland studiert Arbeitslehre und Spanisch im 1. Mastersemester an der TU Berlin. Sie verdeutlicht, dass sich die Methoden des Schulfach Glücks für die Persönlichkeitsentwicklung der Schüler*innen sehr positiv auswirken können. Diese fühlen sich durch das Lernsetting bestärkt und gehen mit dem positiven Gefühl „Wohlbefinden“ aus dem Unterricht. „Es geht viel um Bewusstmachung von Mechanismen und Einflussfaktoren, die uns, unser Leben und unser Handeln beeinflussen“, so Paula. Nicht zuletzt ist die Herangehensweise auch für die Lehramtsanwärter*innen hilfreich. Paula profitiert nicht nur von der umfassenden Selbst- und Unterrichtserfahrung, sondern auch von den Ausbildungsinhalten, die ausgesprochen gut zum Schwerpunkt Berufs- und Studienorientierung in ihrem Fach Arbeitslehre passen.
Dr. Ernst Fritz-Schubert hat das sogenannte Schulfach Glück mit Curriculum und vorbereitender Ausbildung auf der Basis wissenschaftlich anerkannter Inhalte der positiven Pädagogik, positiven Psychologie und Philosophie erarbeitet und entwickelt. Im Rahmen des Pilotprojekts Glück bietet die Sethasa gGmbH als Partnerin der TU Berlin die einjährige Ausbildung mit praktischer Unterrichtserfahrung an ausgewählten Partnerschulen zum Beispiel in Berlin an. Selbsterfahrung, Gruppenprozesse, theoretische Inhalte sowie didaktisch-methodische Ideen zu Persönlichkeitsentwicklung stehen dabei auf dem Programm.
An der TU Berlin gibt es das Projekt Glück bereits seit 2019, der nächste Durchlauf beginnt im Sommersemester 2022. Im Rahmen des Freie-Wahl-Moduls „Einführung in das ,Projekt Glück‘“ können 5 Leistungspunkte im Freie-Wahl-Bereich des Lehramtsstudiums erlangt werden, aber auch für interessierte „Fachfremde“ steht das Modul offen.
Das Schulfach Glück, dessen Inhalte auch in etablierte Fächer integriert werden können und sollen, geht vom Prinzip „vom Fehlerfinder zum Schatzsucher“ aus. Es sollen die eigenen Stärken entdeckt sowie ausgebildet und weniger der Fokus auf Schwächen gelegt werden. Dabei werden Lernräume eröffnet, die es möglich machen, die Unterrichtsthemen auf Schüler*innen zuzuschneiden – die Kinder und Jugendlichen selbst werden zum Lerninhalt. Das Schulfach Glück ist kein Bestandteil des Fächerkanons der Kultusministerien, 80-90 Prozent Lehrplanbezug lässt sich aber im Fach Ethik herstellen. In andere Fächer können die Methoden ebenfalls einfließen. Hier gilt es, Freiräume, die sich bieten, zu nutzen.
Julia Heinecke, die an der TU Berlin Medientechnik auf Lehramt studiert, stößt mit den Methoden auf viele positive Reaktionen unter den Schüler*innen. Ihre Lieblingsübung trägt den Namen „Der Wind weht für alle“ und wirkt im wahrsten Sinne energetisierend – besonders für neue Klassen: „Es ist eine Übung, bei der sich die Schüler*innen in einem Stuhlkreis versammeln. Ein*e Schüler*in befindet sich in der Mitte und sagt ‚Der Wind weht für alle, die … gute Laune haben.‘ Nun stehen alle Schüler*innen, die gute Laune haben auf und wechseln den Platz. Der*die Schüler*in, der*die keinen freien Stuhl mehr findet und in der Mitte steht, gibt eine neue Richtung an, in die der Wind weht. Wer sich nicht angesprochen fühlt, bleibt einfach sitzen.“ Das Spiel weckt gleichzeitig Kreativität und Lösungswillen, da alle Schüler*innen einmal ihren Wunsch in der Mitte äußern wollen. Eine weitere Methode erläutert Paula Deutschland: „Ich beginne die Stunde immer mit einem Check-In und einem Check-Out. Das beste Feedback für mich ist jedes Mal, wenn es den Schüler*innen am Ende der Stunde nicht nur gefallen hat, sondern es ihnen sogar besser geht als zu Beginn der Stunde.
Und es gibt weitere messbare Erfolge: Die Schüler*innen wissen mehr über sich und ihre Mitschüler*innen, es entsteht gegenseitiges Verständnis und die Zusammenarbeit funktioniert insgesamt besser. Übrigens gibt es auch positive Effekte für Lehramtsanwärter*innen, die sich auf das Studium auswirken können. Julia Heinecke erzählt: „Durch den Kurs habe ich meine Stärken und Schwächen besser kennengelernt und konnte mich sehr gut selbst reflektieren. Diese neuen Erkenntnisse helfen mir im Alltag, auch was das Mindset fürs Studium betrifft, definitiv weiter. […] Wenn es einem nicht gut geht, kann man auch nicht lernen, erst recht nicht gut lehren.“
Das Freie-Wahl-Modul „Einführung in das ,Projekt Glück‘“ kann regulär über das Lehrveranstaltungsverzeichnis der TU Berlin eingesehen werden. Für eine Teilnahme ist eine Bewerbung mit Motivationsschreiben mit Lebenslauf (ggf. Vorerfahrung und Referenzen) erforderlich. Die Bewerbung kann bei Interesse als PDF-Datei an info(at)createyourlife-sethasa.de geschickt werden.
Bei Rückfragen melden Sie sich gern bei Projektleiterin Ellen Scheiter: ellen.scheiter(at)createyourlife-sethasa.de