Qualitätswissenschaft
Quality Science Laboratory

Im Quality Science Lab (QSL) des Fachgebiets Qualitätswissenschaft am IWF der TU Berlin bildet eine Demonstrationsanlage einen komplexen Produktentstehungsprozess im Labormaßstab ab. Ziel ist es, durch hochpräzise Sensorik sowie automatisierte und intelligente Datenanalyse bzw. -auswertung und daraus abgeleitete prädiktive Aussagen eine lernende Fabrik mit Qualitätsbewusstsein zu schaffen. Diese optimiert eigenständig die Fertigungsqualität und bezieht trotzdem den Kunden in alle Phasen des Produktentstehungsprozesses mit ein.

Vorstellung

Zur Erreichung der Forschungsziele ist das Quality Science Laboratory mit verschiedenen Modulen ausgestattet. Hierbei dient jedes Modul als Abstraktion eines Prozesses in der Produktentstehung sowie der Abbildung ausgewählter Forschungskonzepte der Industrie 4.0.

Der Kunde wird über die Webseite interaktiv in die Produktentwicklung eingebunden. So ist es möglich, dass jeder Kunde sein eigenes Produkt für die nachfolgenden Schritte erstellt und die Thematik der „Mass Customization“ oder auch „Losgröße 1“ berücksichtigt wird. Dabei kommen Technologien der rechnergestützten Produktion (CIM – computer-intergrated manufacturing) zum Einsatz. Dadurch kann der Kunde seinen Einfluss auf das digitale Modell, also das zu erzeugende Produkt, selbst bestimmen.

Ist die Produktentwicklung abgeschlossen und ein digitales Modell liegt vor, wird der Produktionsprozess mittels additiven Fertigungsverfahren durchgeführt. Hierzu werden handelsübliche Ultimaker³, die innerhalb des Moduls in eine kontrollierte Umgebung eingebettet sind, verwendet. Die kontrollierte Umgebung sichert die Kenntnis über den Fertigungsprozess und seiner Einflussparameter zu jedem Zeitpunkt innerhalb der Produktion. Dadurch ist es möglich, dass das additive Fertigungsverfahren durch ein beliebiges anderes Fertigungsverfahren ersetzt werden kann, sofern dieses in einer ebenso kontrollierten Umgebung abläuft.

Für die Qualitätsprüfung kommt ein optisches Messverfahren zum Einsatz. Hierbei wird eine Punktewolke des gefertigten Produktes aufgenommen, zu einem CAD-Modell zusammengerechnet und ein Soll-Ist-Vergleich mit dem digitalen Modell der Produktentwicklung durchgeführt. Anhand der Ergebnisse kann ein Prozessmodell, das den Zusammenhang zwischen den Prozessparametern der Produktion und der erzeugten Qualität abbildet, erstellt werden.

Sofern es sich bei den Mängeln um Oberflächenfehler handelt, können diese durch einen Gleitschleifprozess nachgebessert werden.

Zur Veranschaulichung der Bildung des komplexen Prozessmodells steht ein automatisiertes, bereits früher in der Qualitätswissenschaft entwickeltes, Katapult zur Verfügung. Anhand der statistischen Versuchsplanung (DoE – Design of Experiments) werden autonom Modelle für die Wurfweitenbestimmung in Abhängigkeit der Einstellparameter erstellt.

Produktionsprozess im QSL

Dabei wurde das klassische mit Katapult mit seinen manuellen Einstellmöglichkeiten zum vernetzten, digital integrierten System mit Sensorik und Aktorik weiterentwickelt. Das zu werfende Objekt wird in einer Smart Micro Factory zunächst produziert und anschließend werden automatisiert die Design-of-Experiment-Versuche durchgeführt. Die Anlage besteht aus 3D-Drucker, 3D-Scanner, Gleitschleifanlage, Industrieroboter, Katapult mit Wurfbett sowie Zentral- und Qualitätsmodul, ist modular aufgebaut und transportabel.Jochem, R.: Digitalization in Quality Assurance. In: Dimitrov, D.; Hagedorn-Hansen, D.; von Leipzig, K. (Hrsg.): International Conference on Competitive Manufacturing – COMA. Stellenbosch/Südafrika: Department of Industrial Engineering, University of Stellenbosch, 2019, S. 35–38

Anlagenstruktur

Bei der Auftragserstellung wird der Kunde durch Qualitätsassistenten unterstützt, die ihm zum einen bei der Erstellung der möglichen Geometrien der Wurfobjekte helfen, zum anderen das Verhältnis zwischen Arbeitszeit und einzuhaltender Toleranz aufzeigen. Neben dem Auftrag für die Produktion führt ein Assistent durch das Festlegen der mit dem gedruckten Objekt auszuführenden Versuchsreihe.

Während des 3D-Drucks werden alle Prozessparameter wie beispielsweise Schichtdicke, Temperatur und Werkstoffzuführung erfasst und überwacht. Durch die Analyse dieser Prozessparameter wird der nächste Schritt in der Produktion bestimmt. Entsprechen alle Parameter den vorgegebenen Sollwerten und es sind keine Muster vorhanden, die auf Fehlerbilder schließen lassen, wird das produzierte Wurfobjekt zum Katapult transportiert. Lässt sich anhand der Muster aus der Analyse auf einen fehlerhaften Druck schließen, wird im Inline-Messsystem, einem nach dem Streifenlichtverfahren arbeitenden 3D-Scanner, das Druckergebnis mit dem digitalen Modell verglichen. Die Anlage lernt so neue Fehlerbilder und erschließt Optimierungspotenziale.

Transformation von Daten zu Qualitätswissen

Dies bedeutet, dass bereits während der Produktion durch Echtzeitauswertung der Prozessparameter Wissen über die Qualität des Produkts generiert werden kann. Lernende Algorithmen stimmen automatisiert den Prozessablauf auf ein ideales Ergebnis ab, Abweichungen werden frühzeitig erkannt und Ausschuss minimiert. Daneben ergeben sich über Langzeitanalysen und die Mustererkennung Aussagen über den Zustand der Anlage, Ausfälle können durch rechtzeitiges Eingreifen gezielt verhindert werden.