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Im Verbund sind wir stärker als jede Einzelinstitution allein

Herr Prof. Völker, Sie sind Vizepräsident für Forschung und Berufung an der TU Berlin. In der BUA vertreten Sie seit dem 1. April 2023 die TU Berlin im Steering Committee Objective 1: „Focusing on Grand Challenges“. Was ist die Aufgabe des Committees und welche Rolle spielen Sie?
Die BUA verschreibt sich in besonderer Weise der Bearbeitung globaler Herausforderungen, den Grand Challenges, um Antworten auf die großen Fragen des 21. Jahrhunderts zu finden. Um die Bedeutung der Grand Challenges für unsere Häuser zu unterstreichen, haben wir als Vizepräsident*innen für Forschung am 1. April 2023 die Steuerung des Steering Committees Objective 1 übernommen. Die vierjährige Amtszeit der bisherigen Steering Committee-Mitglieder endete am 31. März 2023. Mit viel Engagement haben sie Strukturen geschaffen und zahlreiche Projekte auf den Weg gebracht, für das ich den bisherigen Mitgliedern ausdrücklich danken möchte. International gesehen ist ein Verbund mit 1200 Wissenschaftler*innen eine ganz andere Größenordnung, als wenn jedes Haus für sich allein antritt. Meine persönliche Aufgabe ist, mit den anderen Vizepräsidentinnen und Vizepräsidenten dafür zu sorgen, dass wir die BUA zum Erfolg führen und das einlösen, was wir Anfang 2019 versprochen haben, nämlich Berlin zu einem führenden Wissenschaftsstandort zu machen.

Welche Maßnahmen will Objective 1 ergreifen, um die BUA auf ihrem Weg zum Erfolg zu unterstützen?
Ganz zentral ist, den Forscher*innen den bestmöglichen Rahmen zu geben, damit sie forschen und ihre Forschungsergebnisse publizieren können. Neben den großen Forschungsprojekten bildet die BUA auch zahlreiche kleinere Maßnahmen ab. Dazu gehören beispielsweise Gespräche mit Bürger*innen, um das Forschen mit der Gesellschaft zu fördern. Die Koordination dieser vielfältigen Einzelmaßnahmen und ihre Vernetzung sind von entscheidender Bedeutung. Unsere strategische Verantwortung besteht darin, diese Prozesse zu steuern. Natürlich müssen wir dabei auch die finanziellen Aspekte im Auge behalten.

Wir wollen Themen setzen, um die nächsten großen gesellschaftlichen Herausforderungen von globaler Bedeutung anzugehen. Dabei werden wir nicht alle Probleme lösen. Im Verbund können wir aber Forschungsthemen angehen, die jedes Haus allein nicht lösen könnte. Ein gutes Beispiel lieferte die Corona-Pandemie, in der deutlich wurde, wie schnell sich unser gewohntes Leben ändern kann. Daraus haben sich neue Herausforderungen kristallisiert, denn wir haben gemerkt, dass die Fokussierung nur auf virologische Aspekte uns nicht weiter bringt. Deswegen müssen Mediziner*innen gemeinsam mit Ingenieur*innen sowie mit Natur- und Sozialwissenschaftler*innen einerseits nach Lösungen suchen, um eine Pandemie zu bekämpfen. Anderseits müssen aber auch Aspekte in den Blick genommen und diskutiert werden, die im Zusammenhang mit den gesellschaftlichen Auswirkungen der Pandemiebekämpfung stehen wie zum Beispiel Isolation oder entstehende Lernrückstände im schulischen Bereich als Folge von Lockdowns. In den sogenannten „Exploration Projects“ der Grand Challenge-Initiativen „Social Cohesion“ und „Global Health“ wurden zu diesen Herausforderungen während der Pandemie bereits neue Themen, Projekte und Netzwerke entwickelt. Jetzt geht es darum, die Next Grand Challenge auf den Weg zu bringen, und da möglichst auch realisierbare Ergebnisse bis zur Begutachtung sicherzustellen.

Die Bewältigung dieser bedeutenden Herausforderungen lässt sich, wie Sie bereits betont haben, am effektivsten durch Institutionen-übergreifende Forschung angehen. Gibt es auch Schwierigkeiten bei der Zusammenarbeit solch renommierter Wissenschaftsinstitutionen?
Wenn Menschen eine neue Beziehung eingehen, dann bedeutet das oft, viel neue Energie und Motivation, aber auch Enttäuschungen. Dies gilt in gleicher Weise für private Beziehungen wie auch für die Zusammenarbeit von Wissenschaftler*innen aus verschiedenen Disziplinen. Und in dem deutschen Wort Enttäuschung steckt ja bereits, dass Menschen befreit werden, von (eigenen) Täuschungen. So gesehen sind Missverständnisse und Interessenskonflikte auch völlig normal. Jedes Haus hat seine Stärken und muss seine Interessen auch verteidigen. Aber sich auf Augenhöhe zu begegnen, wertschätzend miteinander umzugehen, fußt auf der gemeinsamen und tiefen Überzeugung, dass wir im Verbund stärker sind, als wenn jede*r Partner*in für sich alleine antritt. Was wir erreicht haben, ist eine effektive und gute Vernetzung, sowohl auf der Präsidiumsebene, als auch auf verschiedenen Arbeitsebenen. Besonders hervorheben möchte ich hier unsere Leiter der Bibliotheken sowie die Kolleginnen der Science and Startups Gründung. Bei aller Verschiedenheit konnte ein Vertrauensverhältnis zwischen einzelnen Vizepräsidentinnen und Vizepräsidenten sowie Präsidentinnen und Präsidenten aufgebaut werden, was es so zwischen den Häusern nie gab. Uns eint das große Ziel: Wir wollen einen gemeinsamen Berliner Forschungsraum, der weithin national und international sichtbar ist.

Das Interview führte Dagmar Trüpschuch

Prof. Dr.-Ing. habil. Stephan Völker, Vizepräsident für Forschung und Berufung © Philipp Arnoldt

Prof. Dr.-Ing. Stephan Völker