Management im Gesundheitswesen

Qualitätstransparenz und deren Auswirkung auf die Qualität stationärer Versorgung

Hintergrund

Vorangetrieben von Politik, Selbstverwaltung und Kosten- sowie Krankenhausträgern sind Patienten, Mediziner und Krankenhausmanager konfrontiert mit einer zunehmenden Anzahl von Initiativen zur Erhebung und Veröffentlichung von medizinischen Ergebnisdaten. Die daraus resultierende Qualitätstransparenz soll Informationsasymmetrien im Gesundheitswesen verringern und damit Patienten sowie Einweiser befähigen Krankenhäuser mit hoher medizinischer Ergebnisqualität für Behandlungen auszuwählen. Gleichzeitig wird Krankenhäusern und Fachabteilungen eine objektive Einschätzung Ihrer Leistung im Vergleich zu anderen und dem allgemeinen Qualitätsniveau ermöglicht. Daneben wird u.a. mit Strukturvorgaben, Zentrenbildung, Leistungssteuerung und Zertifizierungen versucht die Qualität der Leistungserbringung von Krankenhäusern zu steigern.

Viele Ärzte und Krankenhausmanager kritisieren diese Entwicklung aufgrund der steigenden Ressourcenanforderungen durch vermehrte Dokumentation und Strukturanpassungen. Ebenso wird die mangelnde Risikoadjustierung von Krankenhäusern mit einem höheren Anteil von Hochrisikopatienten bemängelt. Zusätzlich erinnern Ärzte daran, dass ein wissenschaftlicher Nachweis einer positiven Auswirkung von Ergebnistransparenz auf die Behandlungsqualität bisher nicht überzeugend erfolgt ist, wenngleich allein die Initiativen zur Messung und Steigerung der Qualität zu einem bewussteren Umgang mit Qualitätszielen geführt hat.

In der Tat liefert die bisher bestehende Fachliteratur ein sehr uneinheitliches Bild bzgl. Größe, Richtung und Signifikanz der Beziehung zwischen Ergebnistransparenz und Qualitätsverbesserung. Die Auswirkungen einzelner Strukturfaktoren auf die Ergebnisqualität ist unzureichend untersucht und bestehende Arbeiten liefern teilweise widersprüchliche Ergebnisse. Diese abweichenden Resultate lassen sich teilweise durch unterschiedliche Forschungsansätze und die häufig für wissenschaftliche Analysen ungeeigneten Ergebnisdaten erklären. Zusätzlich fokussiert sich die bestehende empirische Forschung hauptsächlich auf US-amerikanische und britische Daten (z. B. Register für Koronararterien-Bypassoperationen in New York State und Pennsylvania und NHS). Daher besteht eine hohe Notwendigkeit für eine detaillierte Untersuchung der Beziehung zwischen Ergebnistransparenz, Strukturanforderungen und Qualitätsverbesserung in der medizinischen Versorgung und für eine Ausweitung der empirischen Analysen auf andere Länder außerhalb der USA und Großbritanniens.

Aktuelle deutsche Qualitätstransparenz-Landschaft

Im deutschen Gesundheitssystem gibt es mehrere Ergebnistransparenzinitiativen. Auf der einen Seite sind alle deutschen Krankenhäuser verpflichtet Struktur- und Ergebnisdaten im Rahmen der externen stationären Qualitätssicherung dem Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) über strukturierte Qualitätsberichte zur Verfügung zu stellen. Die aktuellen Qualitätsberichte für das Berichtsjahr 2015 enthalten 233 zu veröffentlichende Prozess- und Ergebnisindikatoren in 27 Leistungsbereichen und sind die Grundlage für Ergebnisreporting auf den Webseiten der Krankenkassen und dem Online-Portal Weisse-Liste.de, einem unabhängigen Online-Tool zur Unterstützung von Patienten bei der Krankenhauswahl.

Gleichzeitig gibt es zwei Ergebnistransparenzinitiativen der „nächsten Generation“, die Initiative Qualitätsmedizin (IQM) und das Verfahren zu Qualitätssicherung mit Routinedaten (QSR). Dieses Initiativen nutzen die detaillierten DRG Routinedaten im Abrechnungsprozess auf Krankenhaus- und Patientenebene, um Ergebnisindikatoren in wichtigen Leistungsbereichen und über den gesamten Behandlungszyklus zu veröffentlichen. Die bei IQM teilnehmenden Krankenhäuser veröffentlichen die Ergebnisindikatoren auf ihren Webseiten und die Daten des QSR, die Ergebnisindikatoren, fungieren als Grundlage für den AOK-Krankenhausnavigator.

Abschließend gibt es noch medizinische Fachgesellschaften und Institute, wie z.B. die Deutsche Krebsgesellschaft und das An-Institut für Qualitätssicherung in der operativen Medizin gGmbH, welche in bestimmten Fachbereichen Ergebnisindikatoren messen. Diese Daten werden oft nicht veröffentlich und stattdessen zur Zertifizierung von spezialisierten Zentren (z.B. Darmzentrum) genutzt oder anonymisiert an die teilnehmenden Krankenhäuser für Prozessverbesserungen zurückgespielt.

Das Projekt

Als Antwort auf die stärkere Forderung nach Qualitätstransparenz hat der Gesetzgeber  ein neues Institut zur Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTIG), welches verschiedene Ansätze zur Qualitätsmessung zusammenführen, neue Ergebnisindikatoren entwickeln und Qualitätsvergleiche zu Krankenhausleistungen veröffentlichen soll, gegründet. Gleichzeit stärken die deutschen Krankenversicherer ihre Bemühungen wirksamere finanzielle Qualitätsanreize in die Krankenhausvergütung zu integrieren (z.B. selektives Kontrahieren).

Um diese Qualitätsverbesserungsinitiativen zu informieren und den heutigen Stand der Forschung zu erweitern und zu verdichten hat das Forschungsprojekt neben weiteren Elementen folgende Hauptbestandteile:

  1. Internationaler Vergleich Qualitätstransparenz: Darstellung und Vergleich verschiedener internationaler Strategien zu Messung, Veröffentlichung und Inzentivierung von Qualität im Krankenhaus
  2. Entwicklung der Behandlungsqualität: Darstellung der Entwicklung der Behandlungsqualität seit Einführung der Ergebnismessung im deutschen und internationalen Kontext
  3. Auswirkungen von Spezialisierung und Zentralisierung auf die Behandlungsqualität: Untersuchung von Infrastruktur- und Fallzahlspezialisierung und Zertifizierung auf die Versorgungsqualität
  4. Qualitätstransparenz im Wettbewerbsumfeld: Die Untersuchung der Auswirkungen von Krankenhauswettbewerb auf die Versorgungsqualität

Als empirische Grundlage des Projektes haben wir eine umfassende Panel-Datenbank mit Struktur- und Ergebnisdaten auf Krankenhaus- und Fachabteilungsebene und Daten der Jahre 2006 bis 2013 konstruiert. Im ersten Schritt integrieren wir die freizugänglichen G-BA Qualitätsberichte der deutschen Krankenhäuser. Im zweiten Schritt integrieren wir ausgewählte Ergebnisindikatoren der Qualitätssicherung mit Routinedaten (QSR) um gesamte Datenvalidität und Anzahl der abgedeckten Leistungsbereiche zu erhöhen und gleichzeitig durch eine Integration von Ergebnisindikatoren außerhalb des Klinikaufenthaltes einen größeren Teil des Behandlungsverlaufs abzudecken. Im dritten Schritt erweitern wir die die Datenbank um weitere relevante Variablen wie Zertifizierungsstatus für ausgewählte Zertifikate (z.B. DSG Stroke Unit), Krankenhausversorgungsstufe und Information zum Wettbewerbsumfeld (AOK Krankenhaus-Directory).

Publikationen

Pross C, Geissler A, Busse R (2017): Measuring, Reporting, and Rewarding Quality of Care in 5 Nations: 5 Policy Levers to Enhance Hospital Quality Accountability. The Milbank Quarterly, 95: 136–183. doi: 10.1111/1468-0009.12248

Pross C, Averdunk LH, Stjepanovic J, Busse R, Geissler A (2017): Health care public reporting utilization - user clusters, web trails, and usage barriers on Germany’s public reporting portal Weisse-Liste.de. BMC Medical Informatics and Decision Making, 17:48. doi: 10.1186/s12911-017-0440-6

Pross C, Busse R, Geissler A (2017): Hospital quality variation matters – A time-trend and cross-section analysis of outcomes in German hospitals from 2006 to 2014. Health Policy, 121(8): 842-852. doi: 10.1016/j.healthpol.2017.06.009

Pross C, Strumann C, Geissler A, Herwartz H, Klein N (2018): Quality and resource efficiency in hospital service provision: A geoadditive stochastic frontier analysis of stroke quality of care in Germany. PLOS ONE 13(9): e0203017. doi: 10.1371/journal.pone.0203017

Pross C, Schöner L, Geissler A, Busse R (2021): Qualitätstransparenz im Gesundheitswesen: eine gesundheitsökonomische Modellbetrachtung. Gesundheitsökonomie & Qualitätsmanagement 2021; 26(05): 276-282. doi: 10.1055/a-1543-4831

Vorträge