Elektronische Mess- und Diagnosetechnik

BerDiBa - Berliner Digitaler Bahnbetrieb

Der Schlüssel zu einer nachhaltigen und umweltfreundlichen Mobilität ist die Digitalisierung des Schienenverkehrs. Mit BerDiBa ('Berliner Digitaler Bahnbetrieb') arbeitet das Fachgebiet MDT an einem innovativen Forschungsprojekt, das sich diesem Thema widmet. Das Projekt umfasst 12 Projektpartner und wird durch das Innovationsförderprogramm ProFIT gefördert.

BerDiBa beschäftigt sich vor allem mit der Entwicklung und Erprobung von Technologien für das automatisierte Fahren von Zügen. Ein wesentlicher Aspekt des autonomen Zugbetriebs ist die Fähigkeit, den eigenen Betriebszustand und den der Umgebung kontinuierlich zu überwachen und zu bewerten. Darüber hinaus zielt unser Projekt auf die Entwicklung von Technologien ab, die diese Zustände vorhersagen können, um einen sicheren und effizienten zukünftigen Betrieb zu gewährleisten.

Das Fachgebiet Elektronische Mess- und Diagnosetechnik ist an verschiedenen Bereichen dieses Projekts beteiligt, die alle einen wichtigen Beitrag zu dem Ziel leisten, den Schienenverkehr zu einem intelligenteren und nachhaltigeren System zu machen.

Gemeinsam mit unseren Projektpartnern haben wir erfolgreich einen Algorithmus zur Optimierung der Instandhaltung entwickelt und implementiert, wodurch die Umlaufplanung verbessert werden konnte. Dafür haben wir ein Mehrkörpermodell für eine mechanische Zugtür entwickelt. In dieses Modell wurde der Verschleiß verschiedener mechanischer Komponenten integriert. Mithilfe dieses Verschleißmodells konnten wir Türöffnungen unter Berücksichtigung verschiedener Bahnhöfe, Strecken und Fahrgastinteraktionen genau simulieren. Die daraus resultierenden Daten ermöglichten es uns, potenzielle Ausfälle genau vorherzusagen. Darüber hinaus entwickelten wir ein Prognosemodell, das die Wahrscheinlichkeit eines Tür- oder Zugausfalls vorhersagt und so unsere Wartungs- und Betriebseffizienz weiter steigert. Dadurch konnte unser Projektpartner, das Zuse-Institut Berlin, eine Optimierung für die Wartungsabläufe entwickeln, was zu einer erheblichen Verbesserung des Umlaufplans führte.

In der zweiten Projektphase simulieren wir die Bewegungen und den Verschleiß von Schienen, die durch die Bildung von Hohllagen verursacht werden. Die Schienen einer Strecke liegen auf Bahnschwellen, welche widerrum auf einem Gleisbett liegen. Mit der Zeit gibt die Struktur des Gleisbetts nach und es entstehen Hohllagen zwischen Gleisbett und Schwellen. Da die Schienen auf diesen Schwellen liegen, führen Hohllagen zu verstärkten vertikalen Zugbewegungen, die im schlimmsten Fall Entgleisungen zur Folge haben.

Wir haben eine Simulationsumgebung entwickelt, die das Verhalten eines Zuges auf den Schienen realistisch nachbildet, indem sie die Verformungen der Schienen sowie die Bewegungen und Kräfte auf die einzelnen Schwellen detailliert modelliert. Eine wesentliche Neuerung ist die Leistung und der Detail-Umfang der Simulation. Aktuelle Simulationsmodelle analysieren das Verhalten auf Schwellenebene, indem sie partielle Differentialgleichungen für Schienenabschnitte von maximal einigen hundert Metern Länge wesentlich langsamer als in Echtzeit berechnen. Unser Ansatz kann beliebig lange Strecken mit nur linearer Komplexität wesentlich schneller als in Echtzeit simulieren.

Um realistische Gleisdaten zu verwenden, haben wir ein Tool entwickelt, das Informationen über bestehende Zuggleise, wie Position, Höhe oder Geschwindigkeitsbegrenzungen, aus OpenStreetMap extrahiert.

Unter Verwendung der Schwellenkräfte aus der Simulation haben wir eine Alterungssimulation mit einem parametrisierten Verschleißmodell entwickelt. Durch die iterative Aktualisierung der Gleisparameter in Abhängigkeit vom Abnutzungsgrad können wir die zunehmenden Zugbewegungen simulieren, die durch die wachsenden Schwellenhohlräume verursacht werden.

Nicht nur das Gleis wird überwacht, sondern auch das sogenannte Lichtraumprofil. Eine der größten Herausforderungen ist die Überwachung der Eisenbahnumgebung und die Modellierung des Pflanzenwachstums entlang der Gleise, um die Verletzung des Lichtraumprofil über einen langen Zeitraum vorherzusagen. Zu diesem Zweck werden Bilder einer monokularen Kamera, die frontal am Zug (aus der Sicht des Triebfahrzeugführers) angebracht ist, zur Erkennung der Vegetation verwendet. In diesen Bildern wird die Vegetation entlang des Gleises erkannt und rekonstruiert. Das Problem der Dimensionsreduktion lösen wir mit Hilfe der Disparitätsschätzung durch ein neuronales Netz. Um die rekonstruierte 3D-Punktwolke in einen metrischen Maßstab zu übertragen, haben wir eine Methode zur Neuskalierung und extrinsischen Kalibrierung auf der Grundlage des Ego-Gleises entwickelt. Die resultierende 3D-Punktwolke liegt nun in einem metrischen Koordinatenrahmen vor, der es uns ermöglicht, die Verletzung des Lichtraumprofils direkt zu messen. Die experimentelle Auswertung unter Verwendung von Lidar-Daten als Referenz zeigt einen durchschnittlichen Rekonstruktionsfehler von 0,35 m. Das Wachstum der rekonstruierten Vegetation kann simuliert werden, um die Verletzung des strukturellen Lichtraumprofils vorherzusagen. Um herauszufinden, wie schnell bestimmte Pflanzen an Bahnstrecken wachsen, habe wir ein Gewächshaus gebaut. So können wir das Wachstum dieser Pflanzen unter kontrollierten Bedingungen beobachten.

Da es derzeit keinen geeigneten Datensatz gibt, der das Pflanzenwachstum entlang von Bahngleisen abbildet und die Erstellung eines solchen Datensatzes aufgrund des langsamen Pflanzenwachstums sehr zeitintensiv ist, simulieren wir zusätzlich das Pflanzenwachstum entlang von Bahngleisen mit Lindenmayer-Systemen in der Unreal Engine. Zur Erfassung der Daten verwenden wir Sensormodelle, die im CARLA-Simulator entwickelt wurden, der auf der Unreal Engine basiert.

Dieses Forschungsprojekt soll den Bahnverkehr sicherer machen, die Pünktlichkeit der Züge erhöhen und damit eine nachhaltige und umweltfreundliche Mobilität schaffen.

Projektziel

Die Abteilung Elektronische Mess- und Diagnosetechnik arbeitet an mehreren Themen. 

Gemeinsam mit unseren Projektpartnern haben wir einen Algorithmus zur Optimierung der Wartung entwickelt, um den Arbeitsplan zu verbessern. Unser Fachgebiet hat ein Multibody-Simulink-Modell für eine mechanische Zugtür entwickelt. In das Modell haben wir den Verschleiß verschiedener mechanischer Komponenten integriert. Mit diesem Verschleißmodell werden Türöffnungen simuliert und verschiedene Bahnhöfe, Strecken und Fahrgäste berücksichtigt. Diese Daten können dann verwendet werden, um den Ausfall der Türen so genau wie möglich vorherzusagen.  Dies bietet unserem Projektpartner, dem Zuse-Institut Berlin, die Möglichkeit, die Instandhaltung und damit den Arbeitsplan zu optimieren.

Für die Simulation des Bahnbetriebs haben wir einen Szenensimulator entwickelt. Der Simulator bildet den mechanischen Zug, die Schiene und die Steuerung des Zuges nach. Dieser Simulator wurde als Simulink-Bibliothek entwickelt und ermöglicht die Zusammenstellung individueller Strecken. Die Streckenprofile können Kurven, Steigungen und Gefälle sowie beschädigte Abschnitte enthalten. Darüber hinaus können Weichen und Signale konfiguriert werden, um ein Schienennetz genau abzubilden.
Für den Betrieb des Zuges in der Simulation ist eine Steuerung erforderlich. Diese Regelung des Modells und damit die Anpassung der Sollgeschwindigkeit erfolgt über 2 PID-Regler für Motordrehzahl und Bremslast.  Mit dieser Simulation können nun die Geschwindigkeits- und Beschleunigungsdaten des Zuges entlang der Strecke generiert werden. Noch wichtiger ist jedoch, dass sie zur Simulation verschiedener Kräfte verwendet werden kann.

Partner*innen

BerDiBa wird von der Stadt Berlin mit 7,6 Millionen Euro aus dem Innovationsförderprogramm ProFIT gefördert und hat ein Gesamtvolumen von 13,7 Millionen Euro. Zum Konsortium gehören 12 Partner*innen aus Wirtschaft und Forschung.

Industriepartner*innen:

  • acs plus GmbH
  • AAI GmbH
  • GSP GmbH
  • ITQ GmbH
  • neurocat GmbH
  • Siemens Mobility GmbH (Konsortialführer)
  • Teraki GmbH

Partner*innen aus Wissenschaft und Forschung:

  • DFKI
  • Fraunhofer FOKUS und HHI
  • TU Berlin
  • Zuse-Institut Berlin

Presse