Das IGF-Vorhaben Nr.: 20.160 N/ DVS-Nr.: 07.089 der Forschungsvereinigung Schweißen und verwandte Verfahren e.V. des DVS, Aachener Str. 172, 40223 Düsseldorf, wurde über die AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert.
Das Hochtemperaturlöten mit Nickelbasisloten ist ein etabliertes Verfahren mit vielfachen Anwendungsgebieten wie z. B. in der chemischen Industrie, dem Maschinen-, Anlagen- sowie Werkzeugbau und in der Luft- und Raumfahrtindustrie. Bei der Prozessführung kann jedoch, in Abhängigkeit von der eingestellten Lötspaltbreite, eine unerwünschte Sprödphasenbildung auftreten. Dabei können die Sprödphasen sowohl dispers als auch als nahezu kontinuierliche Phase im Bereich der Lötnahtmitte vorliegen. Je nach Sprödphasenausprägung kann dies zu einer Verschlechterung der mechanischen Eigenschaften der Lötnaht führen. Ein etabliertes Verfahren zur Vermeidung unerwünschter Sprödphasenbildung ist die Verwendung von Lötspaltbreiten von maximal 50 µm. Dies setzt allerdings eine hohe Fertigungspräzision voraus, welche sich in erhöhtem Zeit- und Kostenbedarf widerspiegelt. Die Sprödphasenbildung ist auf Legierungselemente wie Bor, Silizium und Phosphor zurückzuführen, die dem Lot als Schmelzpunktsenker hinzulegiert werden. Durch Bestimmung der Diffusionskoeffizienten der jeweils beteiligten Legierungselemente können Temperatur-Zeit-Zyklen entwickelt werden, bei denen eine Sprödphasenbildung auch bei Lötspaltbreiten größer als 50 µm weitgehend vermieden wird. Dies führt zu einer Erhöhung der Festigkeit der Lötverbindung, die nahezu die Festigkeitswerte der Grundwerkstoffe erreichen kann. Diese Vorgehensweise kann sowohl für artgleiche als auch für artungleiche Fügeverbindungen angewendet werden. Weiterhin ist es möglich, den Einfluss der Sprödphasen auf die Verbindungsfestigkeit zu quantifizieren und hierdurch einen gewissen verbleibenden Sprödphasenanteil in der Lötnaht zu tolerieren. Dies bietet das Potential, die notwendige Prozesszeit und die damit einhergehenden Kosten zu reduzieren, ohne dass eine negative Beeinflussung der mechanischen Eigenschaften erfolgt.
Das Ziel des Projekts war die Optimierung von Lötverbindungen durch die Entwicklung eines erweiterten Diffusionsmodells und die Bestimmung von optimalen Temperatur- /Zeitzyklen. Das Diffusionsmodell wurde so angepasst, dass große Lötspaltbreiten von 100 μm und mehr berücksichtigt werden können und es auch artungleiche Verbindungen simulieren kann. Die Probenfertigung und Analytik wurden von den Projektpartnern übernommen, wobei die Proben mittels EDX- und WDX-Techniken auf ihre stoffliche Zusammensetzung untersucht wurden. Anhand der Ergebnisse wurden die Simulationsmodelle validiert und optimierte Temperatur-/Zeitzyklen bestimmt. Die hergestellten Proben wurden auf ihre Lötspaltbreite und den Sprödphasenanteil untersucht. Das Ziel wurde in allen Arbeitsschritten erreicht. Das Modell für Zugversuche wurde ebenfalls entwickelt und die mechanisch-technologischen Kennwerte ermittelt. Das Projekt ist ein wichtiger Schritt zur Verbesserung von Lötverbindungen und könnte in der Zukunft in verschiedenen Industriezweigen Anwendung finden.
Das Hochtemperaturlöten stellt ein etabliertes stoffschlüssiges Fügeverfahren dar, welches Anwendung in einer Vielzahl von Branchen findet. Hierzu zählen wichtige Versorgungstechnologien, wie beispielsweise die Fertigung von Turbinen zur Energieerzeugung. Trotz zahlreicher vergangener Bemühungen das Verfahren zu optimieren und somit wirtschaftlicher zu gestalten, wurde die Grundlegende Problematik einer ungewünschten Sprödphasenbildung bislang nur in Einzelfällen und kleine Spaltbreiten gelöst. Bisherige Lösungsansätze, wie die Durchführung von Diffusionswärmebehandlungen, sind in der Regel zeitlich langwierig und somit kostenintensiv, was die Wirtschaftlichkeit des Prozesses konterkariert. Dem gegenüber steht der thermodynamische Lösungsansatz, welcher im Vorgängerprojekt erstmalig angewendet und im vorliegenden Projekt weiterverfolgt wurde. Die Verwendung von FEM-Simulationen ermöglicht es, bei diesem Ansatz weiterhin die Anzahl notwendiger Experimente zu minimieren. Der wissenschaftlich-technische Nutzen des Projekts besteht in der simulationsgestützten Bestimmung von Temperatur-/Zeitzyklen, welche eine sprödphasenfreie Fertigung von hochtemperaturgelöteten Verbindungen bei großen Spaltbreiten ermöglichen. Die Erhöhung der Toleranzen führt in diesem Fall zu einer Reduzierung der Arbeitsvorbereitung sowie einer vereinfachten Werkstückfertigung, wodurch die Wirtschaftlichkeit erhöht wird. Die sprödphasenfreie Verbindungsfertigung bei Anwendung der entwickelten Temperatur-/Zeitzyklen wurde im Projekt demonstriert und ist auf weitere Materialpaarungen übertragbar. Die vorliegenden Ergebnisse sind in einer Vielzahl neuer Anwendungen für kmU nutzbar. Weiterhin tragen die Ergebnisse zu einer Qualitätserhöhung bestehender Produkte bei.
Die vorliegenden Ergebnisse ermöglichen es kmU, die Qualität ihrer bestehenden Produkte zu erhöhen und die Wirtschaftlichkeit zu steigern. Hierdurch wird es diesen ermöglicht einen Wettbewerbsvorteil zu erlangen und sich am Markt erfolgreich aufzustellen. Aufgrund der größeren Toleranzen ist es möglich, den Aufwand der Arbeitsvorbereitung und Werkstückfertigung zu reduzieren und die zugehörigen Kosten zu minimieren. Auf eine kostenintensive und dem Hochtemperaturlötprozess nachgeschaltete Wärmebehandlung zur Reduzierung des Sprödphasenanteils kann bei Verfolgung des Ansatzes verzichtet werden. Die angewandte Vorgehensweise kann mit minimalem experimentellem Aufwand vollzogen werden, wodurch Prozessoptimierungen mit geringem Kostenaufwand durchführbar sind. Hierdurch verkürzt sich die Entwicklungszeit für neue Produkte. Dies bedeutet für kmU, dass neue Tätigkeitsfelder schnell erschlossen und bestehende Marktpotentiale genutzt werden können. Die wissenschaftliche Entwicklung und Demonstration des bestehenden Potentials führt zu einer Erhöhung der kundenseitigen Akzeptanz des Hochtemperaturlötprozesses sowie damit verbundenen Anwendungen und ist somit im Stande, das Ansehen der kmU am Markt zu festigen. In Folge der sich ergebenden Verbesserungen profitieren auch die Industriekunden der kmU von den vorliegenden Projektergebnissen. Die Qualitätssteigerung der Produkte führt zu einem geringeren Ausfalls- und Schadensrisiko, wodurch Rücklagen für Haftungsgründe reduziert und somit die Unternehmensliquidität erhöht werden kann.
Weitere Informationen finden Sie im Abschlussbericht unter dem Link: DVS Media