Die Projektwerkstatt „Podcast zum öffentlichen Raum & Straßengestaltung“ ist ein interdisziplinäres, studentisches Projekt. In der Projektwerkstatt entwickeln derzeit über 20 Studierende und zwei Tutorinnen Audiobeiträge zum öffentlichen Raum und anderen städtischen Themen. Carolin Lichtenstein und Susanne Maaß, Tutorinnen beim Podcast, veranschaulichen im Gespräch mit Christina Camier, wie die Idee aufkam und was mittlerweile daraus entstanden ist.
Welche Themen erwarten die Hörer*innen beim Podcast zum öffentlichen Raum und Straßengestaltung?
Susanne Maaß: Ob ökologische, gestalterische oder soziale Aspekte des öffentlichen Raums – uns interessiert genau diese urbane Vielfalt! In jedem Semester erarbeiten wir eine Vielzahl verschiedenster Podcastbeiträge, die wir über SoundCloud und Spotify veröffentlichen. Die Themenvielfalt reicht von Dachbegrünung, nachhaltiger Mobilität und Insektenfreundlichkeit, bis hin zu Obdachlosigkeit, Werbung im öffentlichen Raum und Klangkunst. Inzwischen haben wir 22 Folgen veröffentlicht. Ziel ist es, Wissen über städtische Themen für unterschiedliche Hörer*innengruppen so attraktiv und niedrigschwellig wie möglich aufzubereiten. Aktuell widmen wir uns der Wissenschaftskommunikation und arbeiten mit verschiedenen Wissenschaftler*innen und Forschungsprojekten der Berliner Hochschulen zusammen.
Wie ist der Podcast entstanden?
Carolin Lichtenstein: Gegründet haben das Projekt Bjarne Lotze und Ana Burgueño Hopf, kurz nachdem sie sich während eines Praktikums beim Verkehrsclub Deutschland (VCD) kennengelernt hatten. Ana und Bjarne erzählen die Geschichte gern so:
„Ein Podcast muss geboren werden! Das stand für uns fest, nachdem wir aus soziologischer versus verkehrsplanerischer Perspektive wieder einmal über die Nutzung des öffentlichen Raums diskutiert hatten. Obwohl wir beide an der TU Berlin studieren, ist eine solche Diskussion nicht im Regellehrplan vorgesehen, sondern die Studierenden fechten das meist nur privat aus. Das Podcast-Format war für uns daher das perfekte Medium, um unsere Themen nach außen zu tragen. In unserem Bekannten- und Freundeskreis stellen Podcasts seit einer Weile eine wichtige Wissensquelle dar, die sich von klassischen Vorlesungsmaterialien absetzt. Das wollten wir gern selbst ausprobieren und haben uns 2018 erfolgreich für die Förderung als tu project beworben – und bekommen! Seit dem aktuellen Wintersemester 2020/21 sind wir nun eine Projektwerkstatt und werden für weitere drei Semester gefördert.”
Seit dem Sommer 2019 bin ich als Tutorin für Bjarne, der sein Studium inzwischen beendet hat, dabei. Susanne Maaß übernimmt seit diesem Semester die Stelle von Ana, die sich nun stärker ihrer Bachelorarbeit widmet. Ana und Bjarne unterstützen uns und das Projekt aber immer noch tatkräftig, wo sie nur können.
Wie organisieren Sie die Projektwerkstatt?
Susanne Maaß: Momentan machen wir natürlich alles digital. Uns ist es wichtig, eine Beziehung zu unseren Teilnehmer*innen zu entwickeln; deswegen führen wir das Modul meist synchron durch. Während des Semesters organisieren wir Workshops und geben Einblicke in Themen wie „Wissenschaftlichkeit”, „Interviewführung” oder „Storytelling”. Mit unserer Unterstützung entwickeln die Student*innen dann eigenständig ihre Beiträge.
Die Projektwerkstätten verfolgen ein Lehrprinzip, bei dem auf Augenhöhe gearbeitet wird. Wir versuchen, unsere Teilnehmer*innen in die Entwicklung des Podcasts immer einzubinden. So wurden beispielsweise die Website, der Jingle oder auch das Logo von Teilnehmer*innen entwickelt. Studierende, die über ein besonderes Wissen verfügen oder sich mit einem Tool schon gut auskennen, können das im Rahmen der Projektwerkstatt mit den anderen teilen. Dafür haben wir bereits viel Lob bekommen. Auch wir sind sehr zufrieden mit der Mitwirkung unserer Studierenden und freuen uns über die einzelnen Podcastfolgen.
Carolin Lichtenstein: Als Projektwerkstatt arbeiten wir sehr selbstbestimmt und setzen uns eigene Meilensteine. Bei organisatorischen Fragen unterstützt uns das engagierte Team um Prof. Dr. Oliver Schwedes, Leiter des Fachgebiets Integrierte Verkehrsplanung, an das wir angedockt sind. Auch die Zentraleinrichtung Wissenschaftliche Weiterbildung und Kooperation (ZEWK) der TU supportet uns tatkräftig mit technischem Equipment, Wissen und bei der Durchführung des Projekts. Daneben haben uns Projektpartner wie das DIY-Projekt des Verkehrsclub Deutschland (VCD) und das youpaN der Stiftung Bildung mit Technik und Öffentlichkeitsarbeit unterstützt.
Steht bei Ihnen die thematische Begeisterung für die Gestaltung des öffentlichen Raums im Vordergrund oder interessiert Sie insbesondere das Werkstatt-Format?
Carolin Lichtenstein: In unserer Projektwerkstatt kommen Studierende aus den verschiedensten Fachrichtungen zusammen und arbeiten an einem für sie meist neuen Format. Deswegen sind sowohl die Themen der Podcasts, als auch die Formate der inhaltlichen Aufbereitung sehr facettenreich und vielfältig. Ebenso sind die Beweggründe der Teilnahme sehr unterschiedlich. Während die einen Erfahrung im Podcasten, in der Interviewführung und dem Schneiden von Audiobeiträgen sammeln wollen, interessieren sich andere inhaltlich für das jeweilige städtische Phänomen.
Susanne Maaß: Uns als Tutor*innen-Team begeistert natürlich beides gleichermaßen. In den Projektwerkstätten ist es möglich, außerhalb der Norm in verschiedene Richtungen zu denken und abseits der oft fixen Modulpläne zu studieren. Das Format bietet den Raum, Diskussionen führen zu können, die in Seminaren nicht mehr untergebracht werden können. Nicht zuletzt finden wir es toll, mit dem Podcast ein Format gefunden zu haben, um einen Beitrag zum öffentlichen Diskurs leisten zu können!
Wo sehen Sie die großen Herausforderungen – was geht (noch) nicht gut?
Carolin Lichtenstein: Aktuell bereitet das digitale Studium auch uns als medienaffine Studierenden Schwierigkeiten. Die Online-Lehre erschwert es, eine intensive Beziehung zu unseren Teilnehmer*innen und ein Gemeinschaftsgefühl unter den Student*innen aufzubauen. Dennoch sind wir guter Dinge. Wir freuen uns über das Durchhaltevermögen und den trotz aller widrigen Umstände großen Elan unserer Student*innen.
Unsere Förderung dauert noch weitere zwei Semester an. Eine langfristige Perspektive zur Verstetigung des Projekts gibt es leider noch nicht. Es ist unsicher, ob und wie wir das Projekt weiterführen können. In den nächsten Monaten wollen wir uns intensiver mit den Möglichkeiten auseinandersetzen, das Projekt auch langfristig in die Lehre an der TU einzubinden. Wir nutzen die Gelegenheit hier einfach: Für Hinweise und Vorschläge dazu sind wir offen ;)
Was nehmen Sie für sich persönlich mit? Was ist für Sie neu oder unerwartet?
Carolin Lichtenstein: Als Format könnten der Podcast beziehungsweise Audiobeiträge im Allgemeinen stärker in den Fokus an der Uni rücken – als Prüfungsform ist so etwas durchaus geeignet. Unser Podcast entspricht ungefähr dem Arbeitsaufwand und Umfang einer größeren Hausarbeit. In Zusammenarbeit mit der Studiengangsleiterin Prof. Dr. Dagmar Thorau und Student*innen des Masterstudiengangs Historische Urbanistik haben wir das Format auch schon erfolgreich in der Regellehre getestet. Damit haben wir das Ziel der Projektwerkstätten, neue Formate in die übliche Lehre an der Universität zu übernehmen, erreicht. Ich denke, dass das Podcastformat auch für Wissenschaftler*innen immer interessanter werden könnte, um eigene Forschung zu kommunizieren.
Susanne Maaß: Persönlich nehme ich einiges an didaktischer Erfahrung, technischem Know-how und inhaltlichem Wissen mit. Der interdisziplinäre Zugang zum Seminar verschafft eine enorme Erweiterung des persönlichen Horizonts und gibt uns die Möglichkeit, außerhalb der eigenen fachlichen Box zu denken.
Das Gespräch führte Christina Camier.
Auf der Website www.raumcast.de können alle bisher veröffentlichten Raumcast-Episoden nachgehört werden. Dort finden Interessierte weiterführende Links und ergänzende Beiträge. Zu hören sind die Beiträge bei SoundCloud, Spotify und Apple Podcasts, über den RSS-Feed.und in anderen Podcast-Apps. Jeden zweiten Mittwoch im Monat um 16 Uhr gibt es die Raumcast-Folgen in den Freien Radios – Berlin Brandenburg über 88,4 MHz (Berlin) und 90,7 MHz (Potsdam) oder im Stream unter https://fr-bb.org/. Wer über Neuerscheinungen auf dem Laufenden bleiben möchte, kann gern bei Instagram folgen!
Projektpartner sind: https://youpan.de/raumcast/ und https://diy.vcd.org/projekte/bildung/raumcast/