Trinkwassergewinnung durch Uferfiltration (Abbildung 1) ist eine wichtige Methode zur nachhaltigen Nutzung von Wasserressourcen, welche vor allem in dichter besiedelten Gebieten bedeutend sein kann. Bspw. wird durch Uferfiltration ca. 50% des Trinkwassers von Berlin gewonnen, für die Stadt Düsseldorf sogar ca. 100%. Uferfiltration kann vor allem durch die Verschmutzung von Oberflächengewässern gefährdet werden. Durch Abwasser von Kläranlagen und Oberflächenabfluss von agrarischen Flächen können Schadstoffe die Oberflächengewässer verschmutzen, darunter auch pathogene Keime (einige Bakterien und vor allem Viren).
Das Ziel dieses Projektes ist es, Wasserwerksbetreibern ein Werkzeug zu geben, mit welchem sie eine bessere Abschätzung für den Transport von Pathogen durchführen können.
Dabei berücksichtigt wird die Selbstreinigungswirkung der Uferfiltration unter natürlich vorkommenden variablen hydraulischen und geochemischen Bedingungen (Abbildung 2).
Während sich die Wissenschaft in der Vergangenheit vor allem dem Schicksal pathogener Bakterien gewidmet hat, ist unser Wissen über den Verbleib von pathogenen Viren in aquatischen Systemen lückenhaft. Sie gelangen mit den Ausscheidungen von Mensch und Tier ins Abwasser oder direkt in die Umwelt. Bisherige Resultate zum natürlichen Rückhalt in Sedimentkörpern sind sehr widersprüchlich (Krauss & Griebler, 2011). Sicher ist, Viren können in der aquatischen Umwelt über mehrere hundert Tage infektiös bleiben. Hinzu kommt, dass bei Viren die „infektiöse“ Dosis mit einem aktiven Viruspartikel viel geringer ist als bei pathogenen Bakterien (ca. 100 Zellen) (Krauss & Griebler, 2011).
In der Umwelt tragen verschiedene Prozesse zur Inaktivierung und Elimination von Viren bei, bspw. UV-Licht und erhöhte Temperatur (Schijven et al., 1999). Ein wichtiger Prozess für den Rückhalt von Viren in Sedimenten ist ihre Sorption an geladene Oberflächen, siehe Abbildung 4. Verschiedene Studien haben gezeigt, dass Sorptionsprozesse abhängig sein können vom Wasserchemismus, Sättigungsgrad, biologischen Faktoren sowie Kornverteilung und Chemismus des Aquifers (Xagoraraki et al., 2014). Einen signifikanten Einfluss auf den Transport von Viren haben hydrologische Ereignisse, bspw. da es durch Hochwasserwellen oder den erhöhten Eintrag von Niederschlagswasser in den Grundwasserleiter eine Veränderung des Grundwasserchemismus kommen kann.
Quantitativ kann der Transport von Viren mittels der Kolloid-Filtrations-Theorie (CFT) zwar beschrieben werden. Sie funktioniert jedoch nur einwandfrei für „saubere“ Substrate mit konstanten chemischen Eigenschaften und solange keine Abstoßung zwischen Kolloiden (bspw. Viren) und dem Korngerüst existiert, was jedoch unter natürlichen Bedingungen meist der Fall ist (Hunt & Johnson, 2017; Tufenkji & Elimelech, 2004).
Analysen von Proben aus einem einjährigen Monitoring am Wasserwerk Flehe in Düsseldorf zeigen, dass der Rhein signifikante Konzentrationen von Pathogenen(-indikatoren), bspw. bis zu 10000 MPN/100mL für Coliforme und 100 PFU/100mL für Coliphagen enthält. Diese werden jedoch insbesondere in der ersten Hälfte der Uferfiltrationsstrecke zurückgehalten oder inaktiviert, sodass die Konzentrationen im unbehandelten Wasser der Entnahmebrunnen nicht höher als 10 MPN/100mL Coliforme liegen, aktive Virenpartikel wurden dort nie detektiert.
Die Transportzeiten vom Rhein bis zu den Extraktionsbrunnen liegen für konservative Stoffe wie Chlorid am Standort Flehe bei normalen Betrieb bei vergleichsweise geringen Werten von 30 Tagen und sogar niedriger. Darüber hinaus existiert eine saisonale vor allem Temperatur-getriebene Variabilität im Aquifer, welche im Spätsommer Nitrat-reduzierende Bedingungen verursacht (Abbildung 5). Die Modellierung der hydrochemischen Daten hat gezeigt, dass die Hotspots der Redoxreaktionen (Verbrauch von Sauerstoff) in und an der Kolmationsschicht am Übergang zwischen Vorfluter und Aquifer liegen (Abbildung 5, Verbrauch von Sauerstoff nach Eintritt in den Aquifer).
Projektkoordination: TU Berlin (FG Hydrogeologie)
Projektpartner:
Gefördert durch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU)
Projektzeitraum: 2017 - 2021