Pressemitteilung | 8. Mai 2023 | sn

Entwicklung von Krebstherapien und modernen Medikamenten

Das Graduiertenkolleg „Bioactive Peptides“ erforscht die komplexen Strukturen von Peptiden und deren Funktion. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft bewilligt die zweite Phase und fördert die Forschung mit 2,1 Millionen Euro

In der Biochemie und der Wirkstoffforschung spielen natürliche und synthetische Peptide eine bedeutende Rolle, insbesondere bei der Entwicklung neuer moderner Medikamente sowie der Identifikation von Angriffspunkten, an denen die Wirkstoffe andocken. Das Graduiertenkolleg „Bioactive Peptides – Innovative Aspects of Synthesis and Biosynthesis“ (RTG2473/1) erforscht die komplexe Struktur von Peptiden und deren Funktion. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fördert diese Forschung vom 1. Oktober 2023 bis 31. März 2028 für weitere viereinhalb Jahre mit einer Fördersumme von circa 2,1 Millionen Euro. Das Graduiertenkolleg geht damit in seine zweite Förderphase. Die TU Berlin bleibt Sprecherhochschule. Sprecher des Kollegs, das auf den Gebieten Molekularbiologie, Biochemie, Biologische Chemie und Bioanalytik forscht, ist Prof. Dr. Roderich Süssmuth. Er hat seit 2004 die Rudolf-Wiechert-Professor für Biologische Chemie an der TU Berlin inne und leitet das gleichnamige Fachgebiet. Insgesamt bewilligte die DFG elf neue und verlängerte neun bestehende Graduiertenkollegs.

Peptide sind zumeist kettenförmige Moleküle, die aus zwei bis zu 100 Aminosäuren, wesentlichen Bausteinen aller lebenden Zelle, aufgebaut sind. Maßgeblich bestimmt werden die vielfältigen Funktionen der Peptide durch ihre teils komplexe Molekülstruktur und räumliche Faltung, deren Charakterisierung essenzieller Bestandteil der Forschungen des Graduiertenkollegs ist. Die Analyse der Biosynthesemechanismen und möglicher Signalübertragungswege ausgewählter Beispielpeptide stellen weitere Herausforderungen und zentrale Fragestellungen des Graduiertenkollegs „Bioactive Peptides“ dar. Die Modellsysteme und damit die Herkunft der untersuchten Peptide sind dabei vielfältig: Unter anderem stammen die Peptide von photosynthetisierenden Cyanobakterien, von Schimmelpilzen, Waldpilzen oder Pflanzengifte synthetisierenden Bakterien. Ein besonderes Merkmal des Graduiertenkollegs ist die Interdisziplinarität. Nahezu alle Projekte kooperieren mit anderen Partnern aus dem Konsortium.

In der ersten Förderperiode wurden peptidische Wirkstoffe wie beispielsweise das Gift des Knollenblätterpilzes, das Amanitin, chemisch synthetisiert und die räumlichen Strukturen mit analytischen und theoretisch-chemischen Methoden charakterisiert. Diese Erkenntnisse fließen in die Forschung zur Entwicklung von Therapien zur Bekämpfung von Krebs ein. Ein anderes Projekt ist die Erforschung des Wirkmechanismus eines bakteriellen Pflanzengiftes mit Gyrase, einem Enzym, das die Enden der DNA trennt und wieder zusammenfügt. Dieser Wirkstoff wird aktuell für seine Eignung als Antibiotikum zur Behandlung von bakteriellen Infektionen eingesetzt.

Auch in der zweiten Förderphase wird der Fokus der interdisziplinären Forschung auf der Aufklärung von peptidischen Biosynthesemechanismen, Molekülstrukturen, Transportwegen und Targetinteraktionen liegen. Um den Bedarf computergestützter Methoden genügen zu können, wird das Konsortium der zweiten Förderperiode durch Professorin Dr. Han Sun ergänzt, die am Leibniz-Forschungsinstitut für Molekulare Pharmakologie Berlin und der TU Berlin in den Bereichen der Strukturbiologie und der Biophysik forscht.

Im Rahmen des Graduiertenprogramms werden Doktorandinnen und Doktoranden – didaktisch strukturiert – umfassend interdisziplinäre Bildungsinhalte zur Peptidforschung vermittelt. Der Lehrinhalt setzt sich aus den Schwerpunktbereichen Molekularbiologie/Biochemie, Synthesechemie und Bioanalytik/Strukturbiologie zusammen. „In den vergangenen Jahren hat die Peptidforschung eine besondere Bedeutung in der akademischen und industriellen Forschung erlangt. Auf diesem Gebiet besteht deshalb ein steigender und nachhaltiger Bedarf an gut ausgebildeten und kenntnisreichen Forscherinnen und Forschern, die jeweils auch die Sprache des anderen Fachgebiets verstehen und sprechen können“, sagt Prof. Dr. Roderich Süssmuth.

An dem Graduiertenkolleg sind auch in der zweiten Förderperiode neben der TU Berlin, die FU Berlin, die HU zu Berlin, die Universität Potsdam und das Forschungsinstitut für Molekulare Pharmakologie in Berlin-Buch beteiligt. Der Lehrkörper wird ergänzt durch Beiträge international renommierter Peptidwissenschaftler von Universitäten und aus der Industrie. Profilierte Senior-Wissenschaftler fungieren als Berater innerhalb des Graduiertenkollegs.

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Einrichtung Organische und Biologische Chemie