Kognitive Modellierung in dynamischen Mensch-Maschine-Systemen

Neuroadaptive kognitive Modellierung

Neuroadaptive kognitive Modelle werden zusammen mit Oliver Klaproth und in Kooperation mit Airbus, Airbus Defence & Space und Zander Laboratories untersucht. Ziel des Projekts ist die Erforschung von Mitteln zur frühzeitigen Detektion möglicherweise sicherheitskritischen Pilotverhaltens im Flug.

Das „Out-Of-The-Loop”-Performance-Problem

In der Interaktion mit hochautomatisierten Systemen kann es zum „Out-Of-The-Loop“-Problem kommen. Bediener dieser Systeme werden in die Rolle des Überwachers der Automation gedrängt; gleichzeitig wird von ihnen erwartet, stets das nötige Situationsbewusstsein aufzubringen, um in kritischen Situationen selbst die Kontrolle übernehmen zu können. Dabei ist es essentiell, dass die von der Automation bereitgestellten Informationen vom Nutzer korrekt verarbeitet und auch in Situationen extrem hoher bzw. niedriger Beanspruchung nicht übersehen und überhört werden.

Neuer Feedback-Kanal

Anhand von Nutzerbefehlen und -eingaben kann die Automation erkennen, ob und wie von ihr zuvor vermittelte Informationen und Warnsignale vom Nutzer verarbeitet werden. In Überwachungsaufgaben, in denen Nutzereingaben großenteils ausbleiben, wird die Automation um diesen Feedback-Kanal beschnitten und dem Nutzer so oft zu Unrecht ein optimales Situationsbewusstsein unterstellt. Physiologische Messungen, besonders ereignisbasierte Elektroenzephalographie (EEG), bieten interessante Einblicke, ob und wie der Nutzer auf neue Informationen reagiert. Solche Daten können der Automation mithilfe eines passiven Brain-Computer-Interfaces zugänglich gemacht werden.

Identifikation kritischer Leistung

Ein frühes Antizipieren kritischer Leistung bedarf der Vorhersage des Nutzerverhaltens. Kognitive Modelle ermöglichen die detailgetreue Simulation des Nutzers auch in dynamischen Aufgabenumgebungen. Durch die kontinuierliche Integration von Daten zu Nutzereingaben, dem Systemzustand und der Umgebung unterhält die Automation ein sich aktualisierendes Modell ihres Bedieners, das die situationsabhängige Vorhersage wahrscheinlichen Verhaltens gestattet. Ziel der Modellierung ist es, der Automation die Simulation der Auswirkungen ihrer Aktionen auf den Nutzer zu ermöglichen und ihm Hilfe anzubieten, sobald ein sicherheitskritischer Leistungsabfall prädiziert wird.

Neuroadaptive kognitive Modelle

Gewöhnliche Nutzermodelle verwenden vorherige („historische“) Daten des Nutzerverhaltens in Kombination mit Informationen über das System und die Umgebung, um neue Verhaltensvorhersagen zu generieren. Solche Modelle sind oft nicht in der Lage, die subjektive Sicht des Nutzers auf die Interaktion zu berücksichtigen. Neuroadaptive Modelle hingegen passen sich anhand der physiologischen Daten an den jeweiligen mentalen Nutzerzustand an, um so individuelle Vorhersagen für spezifische Nutzer zu treffen. Der größte Mehrwert der Methode zeigt sich aber in seiner diagnostischen Funktion: Die Kombination historischer und psychophysiologischer Nutzerdaten mit Informationen über den Kontext gestattet nicht nur die Feststellung, sondern auch die Überprüfung von Annahmen über die Ursachen abweichender Leistung.

Anwendungsfall Cockpit

Risiken des „Out-Of-The-Loop”-Problems drohen angesichts steigender Automatisierung auch im Cockpit. Nicht selten führt das Problem zur in der Luftfahrtforschung häufig beschriebenen „Automation Surprise“, bei der sich die Automation im Cockpit anders verhält als vom Piloten erwartet und ein Kontrollverlust drohen kann. In Simulatorstudien in Kooperation mit Airbus und Airbus Defence & Space untersuchen wir mögliche Vorteile neuroadaptiver kognitiver Modellierung als Grundlage intelligenter kognitiver Systeme für Assistenz im Cockpit.