Jamila Beckheinrich (Erfolgreiche Fertigstellung Juni 2016)
Fakultät VI - Planen Bauen Umwelt, Technischen Universität Berlin
Bevölkerungswachstum und Klimawandel haben tiefgreifende Veränderungen im Mekong Delta, einer natürlichen Ressource für Millionen von Einwohnern, verursacht. Eine dieser Veränderungen betrifft das zunehmende Auftreten extremer Hochwasserereignisse. Um das Leben der Menschen, insbesondere in den Küstenbereichen, während solcher Ereignisse zu schützen, ist es von großer Bedeutung, die Wasserstandshöhe in diesen Bereiche kontinuierlich zu überwachen. Standardmäßig kommen dafür Pegelmessstationen zum Einsatz. Sie ermöglichen die Bestimmung der Wasserstandhöhe mit großer Genauigkeit und hoher zeitlichen Auflösung. Ein Nachteil dieser Methode liegt in der lediglich punktuellen Verfügbarkeit von Messwerten. Aufgrund steigender Wartungskosten wird die Anzahl der Messstationen ferner kontinuierlicher verringert. Eine zukunftsträchtige Alternative stellt die Global Positioning System-Reflectometry (GPS-R) dar, da Wasseroberflächen eine hohe Reflektivität für GPS L-band Signale zeigen. Im vergleich zur Codebeobachtungen, haben Phasenbeobachtungen das Potenzial, genauere Ergebnisse zu liefern, ihre Kohärenz und Kontinuität vorausgesetzt. Um die Möglichkeit des Einsatzes eines darauf beruhenden Verfahrens als Pegelmessinstrument zu prüfen, wurden zwei 14-tägige Messkampagnen, im Februar 2012 und im März 2013, im Mekong-Delta durchgeführt. Dabei kam eine neue Generation von GNSS Occultation, Reflectometry and Scatterometry (GORS)-Empfänger zum Einsatz. Mit ihnen konnten erfolgreich mehrere Reflexionsspuren auf dem 150 m breiten Can Tho River registriert werden.
Um eine Aussage über den Einfluss der Antennenposition auf Qualität und Quantität der registrierten kontinuierlichen, kohärenten Phasenbeobachtungen treffen zu können, wurden zwei unterschiedliche Antennenhöhen verwendet. Die Ergebnisse der Analyse zeigen, dass hauptsächlich die Rauheit der Wasseroberfläche, in erster Linie verursacht durch den Schiffsverkehr, für den Verlust der Kohärenz der Phasenbeobachtungen verantwortlich ist. Bedingt durch die hohe Datenrate, ein neuer Algorithmus zur automatisierte Extraktion von kohärente Phasenbeobachtungen wird vorgestellt. Dabei zeigt die Analyse der Ergebnisse eine Übereinstimmung von 82%. Die Analyse zeigte ferner die Präsenz von Mehrwegeffekten, hervorgerufen durch Reflexionen an anderen Objekten als der Wasseroberfläche. Dieses bereits in anderen Veröffentlichungen festgestellte Phänomen stellt weiterhin eine offene Fragestellung dar. In der vorliegenden Arbeit werden diese Effekte durch die Anwendung einer adaptierten Version der empirischen Modenzerlegung Empirical Mode Decomposition reduziert, was zu einer deutlichen Erhöhung der Genauigkeit bei der Bestimmung der Wasserstandhöhen führt. Des Weiteren kann durch die Analyse der Daten das Vorhandensein einer Vielzahl von Phasensprüngen und deren hohes Maß an Korrelation mit der Umgebung der Antenne nachgewiesen werden. Da die Phasensprünge zu erheblichen Genauigkeitsverlusten führen, ist deren Detektion von großer Bedeutung. Die Herausforderung im Rahmen dieser Arbeit besteht dabei in der Entwicklung eines dafür geeigneten Algorithmus, der allein auf GPS L1 Beobachtungen basiert, da diese 95% der kohärente Phasenbeobachtungen ausmachen.
Um den Höhenunterschied zwischen Empfänger und Wasseroberfläche zu bestimmen, wird eine Ausgleichungsrechnung nach der Methode der kleinsten Quadrate durchgeführt. Da die Genauigkeit des geschätzten Höhenunterschieds von der Genauigkeit der berechnete Entfernungsdifferenz zwischen dem direkten und dem reflektierten Signal abhängig ist, muss der Einfluss von systematischen Fehlern, die die Signale beeinflussen, minimiert werden. Für diesen Zweck, werden zum einen verschiedene Strategien für die Korrektur des durch die Troposphäre verursachten Fehlers verglichen, wobei gezeigt wird, dass atmosphärische Höhenschicht und die Gesamtzenitverzögerung genau berechnet werden müssen. Zum anderen werden die Einflüsse des Phase Wind-up sowie von Antennenphasenzentrumsvariationen und-offset analysiert und entsprechende Korrekturverfahren vorgestellt. Für eine erfolgreiche Bestimmung der Wasserstandshöhe ist neben der Korrektur systematischer Fehler die korrekte Festsetzung der Mehrdeutigkeiten in den Phasenbeobachtungen erforderlich. Die Besonderheit bei der Lösung dieser Aufgabe besteht im Rahmen dieser Arbeit darin, dass größtenteils nur L1 Phasenbeobachtungen von jeweils einem einzelnen Satelliten zur Verfügung steht. Die Herausforderung ergibt sich in diesem Fall aus der fehlenden Redundanz an Beobachtungen, sodass eine Auflösung der Mehrdeutigkeiten allein auf Basis der sich langsam ändernden Geometrie der Satelliten Konstellation realisiert werden muss.
Als Ergebnis dieser Arbeit kann festgehalten werden, dass unter diesen Voraussetzungen die Bestimmung der Wasserstandhöhen mit einer Auflösung von 10 Minuten und einer Genauigkeit im dm-Bereich möglich ist. Es konnte ferner gezeigt werden, dass bei gleichzeitigem Vorliegen von Daten mehrerer Satelliten Genauigkeiten im cm-Bereich erzielt werden können. Während die größtenteils nicht vorhandene Redundanz den Hauptgrund für die eingeschränkte Genauigkeit darstellt, liegt dieser für die fehlende Kontinuität in dem häufig auftretenden Verlust der Kohärenz der Phasenbeobachtungen.
Darüber hinaus, wurde die Methode auf Daten einer in 2014 durchgeführte Messung in Midelt, Marokko, angewandt, um die allgemeine Anwendbarkeit des entwickeltes Algorithmus zu überprüfen. Die dabei erreichten Genauigkeiten bei der Wasserstandmessung im dm-Bereich, zeigen die Anwendbarkeit des entwickelten Algorithmus auf andere phasen- und grundbasierte GPS-R Anwendungen.