Ming Shangguan (Erfolgreiche Fertigstellung März 2014)
Fakultät VI - Planen Bauen Umwelt, Technischen Universität Berlin
Der Wasserdampf in der Atmosphäre spielt eine wichtige Rolle in meteorologischen Anwendungen. Die globalen Positionierungssysteme (GNSS) liefern wetterunabhängige und präzise Beobachtungen. Die Anwendung der existierenden GNSS-Infrastrukturen für die Atmosphärensondierung ist ein kostengünstiger Weg, den atmosphärischen Wasserdampf mit hoher Genauigkeit abzuleiten. Beobachtungen von GNSS-Bodennetzen enthalten Informationen über die zeitliche und räumliche Wasserdampfverteilung. Deshalb hat das GeoForschungsZentrum Potsdam (GFZ) ein Wasserdampftomographiesystem entwickelt, um die 3D-Verteilung der Wasser-
dampfmenge in der Troposphäre über Deutschland abzuleiten. Eingabedaten für die Wasserdampftomographie sind die troposphärischen Datenprodukte von ca. 300 Bodenstationen die vom GNSS-Prozessierungssystem des GFZ bereitgestellt werden, wobei die Prozessierung momentan auf GPS-Daten beschränkt ist. Die wichtigsten Produkte sind die troposphärische Laufzeitverzögerung in Zenitrichtung (ZTD), der integrierte Wasserdampf (IWV) über den Stationen und die troposphärischen Laufzeitverzögerungen in Richtung zu den GPS-Satelliten (STD).
Die Genauigkeit der STDs ist ein wichtiger Faktor für die Qualität der Wasserdampf-Tomographie. Die GNSS-Prozessierungssoftware EPOS (Earth Parameter and Orbit system Software) des GFZ stellt nur begrenzte Informationen über die Genauigkeit der STDs bereit. Deshalb wurden Wasserdampf-Radiometerdaten über ein Vierteljahr verwendet, um sie mit GPS-STDs zu vergleichen und die Genauigkeit der STDs abzuschätzen. Durch den Vergleich der GPS-STD-Beobachtungen mit denen des Radiometers konnte gezeigt werden, dass inhomogene atmosphärische Strukturen zuverlässig durch die STDs wiedergegeben werden. Insgesamt bestätigt die Validierung die hohe Genauigkeit der aus den GNSS-Daten geschätzten STDs.
Ein wesentliches Ziel dieser Arbeit ist es, die Wasserdampftomographie zu verbessern und atmosphärische Wasserdampfprodukte mit guter Qualität abzuleiten. Ein neuer tomographischer Algorithmus, der auf einem Kalman-Filter basiert, wurde daher in das bestehende Tomographiesystem implementiert. Der KalmanFilter liefert ein 3D-Feuchtefeld mit einer zeitlichen Auflösung von 2,5 Minuten und die zugehörigen Fehler-Kovarianz-Matrizen. Die Fehler-Kovarianz-Matrizen der STD-Beobachtungen und des zeitlichen Propagators wurden im Vorfeld bestimmt. Die Ergebnisse wurden mit denen anderer tomographischer Rekonstruktionsverfahren (MART) und mit Radiosondenprofilen verglichen.
Die Qualität der tomographischen Rekonstruktionen hängt nicht nur vom Fehler der STD-Beobachtungen, sondern auch von einer Reihe anderer Faktoren ab. Wesentlich ist unter anderem die räumliche Abdeckung der Schrägsichten und deren relative räumliche Verteilung bzw. die Verteilung der Schnittpunkte. Deshalb sind unabhängige Beobachtungen für die Validierung der rekonstruierten Feuchtefelder unerlässlich. In dieser Arbeit wurden die vom Deutschen Wetterdienst (DWD) bereitgestellten Radiosondenprofile eines ganzen Jahres zur Validierung der Tomographie genutzt. Die rekonstruierten Feuchtefelder hatten eine horizontale Auflösung von 50 km und eine vertikale Auflösung von 500 m. Diese Felder wurden für den Vergleich auf die Radiosondenprofile interpoliert. Ausserdem wurde die Anzahl und Verteilung der STDs in der Nähe der Radiosonden-Stationen für die einzelnen Profile untersucht. Die Ableitung der statistischen Verteilung der Differenzen zwischen dem tomographisch rekonstruierten Feuchtefeld und den Radiosonden-Beobachtungen wurde zunächst unter der Annahme unabhängiger Einzelbeobachtungen durchgeführt. Darüber hinaus wurde in dieser Arbeit ein neues Verfahren zur Quantifizierung der Übereinstimmung vollständiger Profile entwickelt. Durch die Berücksichtigung der Gestalt des vollständigen Profils können wesentlich genauere Aussagen getroffen werden, als durch den statistischen Vergleich von punktweisen Beobachtungen. Diese Methode ist ein wesentliches Hilfsmittel für die weitere Entwicklung der Wasserdampftomographie.
Weiterhin wurden die längsten verfügbaren GPS-IWV-Zeitreihen analysiert. Inzwischen liegen GPS-Daten über Zeiträume von mehr als 10 Jahren vor, die eine Zeitreihenanalyse zulassen und für zukünftige klimatologische Untersuchungen interessant sind. Für den Zeitraum von 2002 bis 2012 wurden IWV-Trends für alle verfügbaren deutschen GPS-Stationen bestimmt. Darüber hinaus wurden regionale Trends für verschiedene geographische Regionen ermittelt. Die hierfür entwickelten Verfahren werden für meteorologische Untersuchungen zu räumlichen und zeitlichen Variationen des Wettergeschehens und für klimatologische Studien benötigt.
Insgesamt haben die Untersuchungen gezeigt, dass die ZTD-, IWV- und STD-Produkte die Menge und Verteilung des troposphärischen Wasserdampfes verlässlich wiedergeben. Insbesondere kann die zeitliche und räumliche Wasserdampfverteilung mit Hilfe der Wasserdampftomographie bestimmt werden. Die Qualität der rekonstruierten Feuchtefelder wurde mit Hilfe von Radiosondenprofilen abgeschätzt und es hat sich ergeben, dass in vielen Fällen eine gute Übereinstimmung vorliegt. Es wurde jedoch auch deutlich, dass eine Weiterentwicklung der Tomographie erforderlich ist.
Die zukünftige Entwicklung der GNSS führt zu einer Zunahme der Sendesatelliten und Bodenstationen. Parallel hierzu werden die Prozessierungsverfahren kontinuierlich weiterentwickelt, so dass sich die Voraussetzungen für die Wasserdampftomographie in naher Zukunft wesentlich verbessern werden. Mit der Verfügbarkeit längerer Zeitreihen werden auch die Trendanalysen deutlich aussagekräfiger. Insgesamt kann davon ausgegangen werden, dass die Anwendungen der GNSS-Meteorologie weiter zunehmen werden, z.B. für die Kurzfristvorhersage, zur Untersuchung von Extremwetterereignissen oder in der Datenassimilation für regionale und globale Wettervorhersagen.