Angewandte Geochemie

Check Extrema

Extreme Klimaereignisse in historischer Vergangenheit

Es gibt viele Herausforderungen, mit denen Gesellschaften im Umgang mit ihrer Umwelt heute konfrontiert sind - und die ihre bisherigen Lebensweisen grundlegend in Frage stellen. Der Klimawandel ist eines der besten Beispiele dafür. Die Ursachen des Klimawandels und dessen drastische Folgen sind trotz gewisser Unsicherheiten wissenschaftlich hinreichend belegt. Trotzdem hat es die Gesellschaft noch nicht geschafft, die CO2-Emissionen wirksam zu reduzieren. Stellt sich also die Frage, warum immer noch so wenig gehandelt wird, um dieser Entwicklung entgegenzutreten.

Um abschätzen zu können, wie Gesellschaften mit Klimaextremen umgehen, lohnt ein Blick in die Vergangenheit. Wie wurde in der Vormoderne zum Beispiel im auf die schweren Frühjahrs-Hochwasser reagiert, die nach dem Ausbruch der Laki-Krater auf Island 1783/84 weite Teile Europas heimsuchten? Dieser Vulkanausbruch war ein Ereignis, das das Klima für kurze Zeit extrem beeinflusste - und es ist einer der Fälle, die wir in unserem Forschungsprojekt "Check Extrema" untersuchen. Gemeinsam mit den Umweltphysikern und Historikern suchen wir sowohl im Nürnberger Stadtarchiv nach historischen Überlieferungen zu diesem Hochwasserereignis als auch in den Tropfsteinhöhlen der nahen Fränkischen Schweiz nach geologischen Hinweisen. Wir verbinden zwei unterschiedliche Arten von Daten: die aus Klimaarchiven wie den Tropfsteinen und die aus Ratsprotokollen des Nürnberger Stadtrats. Das heißt, wir interpretieren die Ergebnisse der geistes- und sozialwissenschaftlichen sowie der geologischen Analysen gemeinsam. Darin liegt die Besonderheit des Projekts. Wir wollen nicht nur wissen, wann und wie stark das Hochwasser war, sondern auch wie die Gesellschaften darauf reagierten - um im besten Fall Rückschlüsse für die aktuellen Herausforderungen durch den Klimawandel ziehen zu können.

Dabei haben die beiden Datenarchive unterschiedliche Vor- und Nachteile: Das Stadtarchiv Nürnberg bietet die Möglichkeit Hochwasserereignisse seit dem späten Mittelalter mit einer großen Genauigkeit und exakten Datumsangaben zu datieren - insbesondere dann, wenn Brücken und Gebäude wieder aufgebaut werden mussten und die Finanzen der Stadt schwer belasteten. Allerdings sind auf diese Weise für die Untersuchung des Klimas oft nur relativ kurze Zeiträume abgebildet. Komplementär dazu dokumentieren Stalagmiten das Klimageschehen über sehr lange Zeiträume. Viele der untersuchten Tropfsteine aus der Region sind im Holozän gewachsen und offenbaren Zeitspannen der vergangenen 10.000 Jahre. Mit der geologischen Analyse können wir diese klimatischen Extremereignisse aufspüren - zu Zeiten, bevor es schriftliche Aufzeichnungen gab.

(deutsches-klima-konsortium.de, Editorial von Thomas Neumann)

 

Weiterführende Links:

Deutsches Klima Konsortium: Editorial zu Check Extrema

Projektträger:

Heidelberg Karlsruhe Research Partnership HEIKA

Leitung:

Prof. Dr. Thomas Neumann

mit Dr. Tobias Kluge und Dr. Elisabeth Eiche (KIT) und Dr. Maximilian Schuh (FU Berlin)

Projektbearbeiter:

M.Sc. Philipp Holz (KIT)