Institut für Angewandte Geowissenschaften

Von der Bergakademie Berlin zu den geowissenschaftlichen Instituten der TU Berlin

Der preußische König Friedrich II. ("der Große"; 1717-1786) erließ 1770 die Kabinettsorder, "gefällige Verfügung zu treffen, daß auf allen Königlichen Universitäten nicht allein die Mineralogie historisch und praktisch, sondern auch besonders die Bergrechte gehörig dociret werden". Um zur Ausbeutung der Rohstoffvorkommen des Preußischen Reiches die Fachleute im eigenen Land ausbilden zu können, wurde auf Vorschlag des Oberbergrats C.A. Gerhard später die Bergakademie Berlin gegründet, für die geowissenschaftliche Lehre kaufte der Staat 1781 dessen umfangreiche mineralogische Sammlung: der Grundstock der Mineralogischen Sammlungen der heutigen TU Berlin. Damals wie heute galt: Die Geowissenschaften sind in wesentlichen Teilen eine “Lehre am Objekt“.

Unter dem preußischen Minister und Oberberghauptmann F.A. von Heinitz erlangte die Bergakademie 1777 ihre eigentliche Bedeutung, wie auch andere Bildungs- und Ausbildungsstätten Berlins zu internationalen Vorbildern avancierten. Als erster Dozent der Bergakademie wurde Carl Abraham Gerhard (1738-1821) berufen.

Seit der Gründung der Universität Berlin 1810 (heute Humboldt-Universität) waren die Direktoren des “Mineralogischen Kabinetts“ in Personalunion gleichzeitig Dozenten der Berg­akademie und der Universität.

Christian Samuel Weiss, Prof. für Mineralogie an der Bergakademie und der Universität Berlin, begründete 1810 die Kristallographie als Wissenschaft durch die Einführung kristallographischer Achsenkreuze und mathematisch fundierter Indizierung von Kristallflächen.

Sein Schüler und Nachfolger Gustav Rose fertigte auf dieser Grundlage mathematisch exakte Kristall-Holzmodelle nach natürlichen Mineral-Vorbildern an. 1829 reiste er zusammen mit Alexander von Humboldt in den Ural, ins Altai-Gebirge u.a. und entdeckte dort zahlreiche neue Mineral-Lagerstätten, die er in einem umfangreichen Reisebericht publizierte. Schon 1852 schuf er die Grundlagen einer mikroskopischen Petrographie an Gesteins-Dünnschliffen.

Christian Ernst Weiß führte als Professor für Mineralogie an der Bergakademie die Arbeiten seines Onkels Christian Samuel Weiss fort, kartierte als Landesgeologe im Saarland und im Thüringer Wald, vor allem bekannt für seine Steinkohle-Forschung und bahnbrechend als Phytopaläontologe.

Als Direktor der Bergakademie gründete der Mineraloge Wilhelm Hauchecorne die Preußisch Geologische Landesanstalt (heute in der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe), seine geologische Landesaufnahme Preußens im Maßstab 1:25.000 zusammen mit Beyrich wurde internationales Vorbild.

1916 wurde die Bergakademie mit der bereits 1879 gegründeten Königlich Technischen Hochschule Berlin (KTH, heute TU Berlin) vereinigt. Herausragende Persönlichkeiten waren:

  • Julius Hirschwald, Prof. für Mineralogie und Geologie, war Mitbegründer der Technischen Hochschule, schuf durch Erweiterungen die seinerzeit bedeutendste Sammlung technisch verwendbarer mineralischer Rohstoffe und das Mineralogische Museum der TH, sowie ein wegweisendes Labor für technische Gesteinsprüfung (heute aufgegangen in der Bundesanstalt für Materialprüfung).
  • Carl Friedrich Rammelsberg, Prof. für Chemie an der Universität und der TH Berlin sowie Mitgründer der Deutschen Chemischen Gesellschaft, ist bekannt für seine Mineralchemie und Mineral-Analytik. Die durch ihn aufgebaute Mineralogische Sammlung an der Gewerbeakademie ging nach der Vereinigung in derjenigen der TH Berlin auf.
  • Robert Scheibe entdeckte 1908 auf einer Forschungsreise nach Südwestafrika (Namibia) im Auftrag des deutschen Kaisers bedeutende Kupfer- und Vanadium-Lagerstätten, die großen Diamantvorkommen Kolmanskuppe sowie große Mengen an Eisenmeteoriten bei Gibeon.

 

Nach dem zweiten Weltkrieg wurde die Technische Hochschule 1946 als Technische Universität neu gegründet, unter enormem Aufschwung geowissenschaftlicher Fachgebiete. 

Nach der Berufung von Prof. Dr. Dr. Hugo Strunz 1951 als Ordinarius für Mineralogie und Kristallographie wurde 1959 unter seinem Dekanat das neue Gebäude für Bergbau und Hüttenwesen bezogen, finanziert von der Montanindustrie. Das von ihm neu eingerichtete Mineralogische Museum hier im Hause zählt heute zu den fünf größten und mineralogisch bedeutendsten Sammlungen Deutschlands. Hugo Strunz wurde weltweit bekannt durch seine international verwendete Mineral-Systematik; die “Mineralogical Tables“ und “Klockmanns Lehrbuch für Mineralogie“, die unter wesentlicher Detail-Arbeit von Frau Prof. Christel Tennyson entstanden, zählen zur mineralogischen Standard-Literatur.

Text: Susanne Herting-Agthe