Sind Steuern oder Standards gerechter?

Linus Mattauch gewinnt den dritten Preis der Joachim Herz Stiftung für seine Arbeit zur Klimaregulierung

Prof. Dr. Linus Mattauch wurde am 25. März 2022 mit dem alle zwei Jahre ausgeschriebenen Deutschen Wirtschaftspreis der Joachim Herz Stiftung ausgezeichnet. Er gewinnt mit seinem Koautor Jiaxian Zhao von der Universität Oxford den mit 10 000 Euro dotierten dritten Preis im Wettbewerb um die besten wissenschaftlichen Arbeiten für Nachwuchswissenschaftler. Das diesjährige Thema des Preises war Umweltökonomik. Prof. Dr. Linus Mattauch leitet das Fachgebiet „Nachhaltige Nutzung natürlicher Ressourcen“ an der TU Berlin. Er ist Co-Leiter des Future Lab „Inequality, Human Well-Being and Development" (Ungleichheit, menschliches Wohlergehen und Entwicklung) am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung und zudem Gastwissenschaftler an der Universität Oxford in Großbritannien.

Es ist in der Wirtschaftswissenschaft allgemein bekannt, dass CO2-Steuern billiger sind, um Klimaziele zu erreichen, als Effizienzstandards wie etwa Bauvorschriften zu erlassen. In ihrer Arbeit „When standards have better distributional consequences than carbon taxes“ untersuchen die Forscher, ob Steuern oder Standards gerechter sind. Sie fanden heraus, dass dies davon abhängt, welche Konsumgüter reguliert werden. Der einfachste Fall sind Glühbirnen: Verbraucher wählen solche mit den geringsten Kosten. Reichere Haushalte installieren bessere, effizientere Lampen wie LEDs. In diesem Fall sind Steuern sowohl effizienter als auch weniger regressiv als Effizienzstandards. Die Besteuerung stellt also auch einkommensschwache Haushalte besser. Aber – und das ist der Beitrag der Arbeit –, wenn das langlebigere Produkte mit weiteren Eigenschaften, die den Verbrauchern wichtig sind, reguliert werden sollen, ist das Gegenteil der Fall. Autos verkaufen sich nicht nur, wenn sie wenig Benzin pro Strecke verbrauchen, sondern auch weil Beschleunigung, Komfort und Geräumigkeit den Verbrauchern wichtig sind. Wenn solche Eigenschaften es erschweren, die Produkte umwelteffizient herzustellen, können Effizienzstandards tatsächlich weniger regressiv sein als Kohlenstoffsteuern. In der prämierten Forschungsarbeit wird dieser Effekt mit theoretischen und empirischen Methoden nachgewiesen.

Die politische Relevanz der Untersuchung von Zhao und Mattauch besteht darin, dass fehlende soziale Gerechtigkeit angesichts von hoher Einkommensungleichheit und des geringen Vertrauens in Politiker Hindernisse für die dringend erforderliche strengere Klimagesetzgebung darstellen kann. Die Frage, ob Klimamaßnahmen gerade für einkommensschwache Haushalte vorteilhaft sind, ist insbesondere in der aktuellen Energiepreiskrise von großer Bedeutung. Von der Arbeit könnten somit neue Denkanstöße für politische Entscheidungsträger ausgehen, da die Dringlichkeit des Klimawandels von ihnen verlangt, Maßnahmen zu wählen, die politisch umsetzbar sind.

Der Artikel, der noch bei einer wissenschaftlichen Fachzeitschrift in Begutachtung ist, kann hier heruntergeladen werden.