Die besten Masterarbeiten von Absolventinnen der TU Berlin, vorrangig aus den Natur- bzw. Technikwissenschaften, werden bereits seit 2007 jährlich mit dem Clara von Simson-Preis prämiert. Vergeben wird dieser durch die Zentrale Frauenbeauftragte der TU Berlin. Benannt ist der Preis nach der Wissenschaftlerin und Politikerin Dr. Clara von Simson, die 1951 als erste Frau im Fach Physik der TU Berlin habilitierte und als Privatdozentin die erste Grundordnung der TU Berlin vonseiten des Mittelbaus mitgestaltete.
Bei der diesjährigen Preisvergabe wurden vier Absolventinnen geehrt.
Optimale Überwachung von Batterien in Elektro- und Hybridfahrzeugen
Philippa Scharpmann, 1. Preis (Preisgeld 3.000 Euro)
Vor dem Hintergrund des Klimawandels steigt in Deutschland der Gebrauch von elektrisch betriebenen Fahrzeugen zur Reduktion des Schadstoffausstoßes. Um einen sicheren und zuverlässigen Betrieb von Elektro- und Hybridfahrzeugen gewährleisten zu können, wird die Fahrzeugbatterie, die zumeist aus Lithium-Ionen-Zellen besteht, mit einem sogenannten Batteriemanagementsystem überwacht und gesteuert. Diese greifen auf Batteriemodelle zurück, um aus im Fahrzeug gemessenen Spannungs- und Temperaturwerten Informationen über den aktuellen Batteriezustand herzuleiten. Philippa Scharpmann, die das Fach Regenerative Energiesysteme studiert hat, erstellte in ihrer Abschlussarbeit ein solches ganzheitliches Modell für Automotive-Lithium-Ionen-Batterien. Um die benötigten Modellparameter ermitteln zu können, hat sie eigene Testreihen, bestehend aus elektrischen und thermischen Messungen, entworfen und durchgeführt. Die Messungen zeichnen sich dabei durch eine geringe Zeitintensität und robuste, kostengünstige Messmethoden aus. Um zusätzlich eine Vorhersage der im Laufe der Zeit sinkenden Batterieleistung treffen zu können, wurden zwei Langzeitstudien durchgeführt. Hierbei wurde besonders der Einfluss, den die Belastung durch den Fahrzeugbetrieb auf die Batterie hat, untersucht. Das erstellte Batteriemodell simuliert den Zustand einer Batterie im Fahrbetrieb auch über einen langen Zeitraum mit hoher Genauigkeit und eignet sich damit als Grundlage für ein Batteriemanagementsystem und somit für den Einsatz in realen Elektro- oder Hybridfahrzeugen.
Lösungsansätze für eine sozial gerechte CO2-Steuer in Südafrika
Agatha Majcher, 2. Preis (Preisgeld 1.500 Euro)
In ihrer Abschlussarbeit mit dem Titel „Distributional Impact Analysis of the Carbon Tax in South Africa“ im Studienfach Regenerative Energiesysteme beschäftigt sich Agatha Majcher mit den großen Herausforderungen Südafrikas im Bereich der Treibhausgasemissionen. Südafrika ist das wirtschaftlich stärkste Land auf dem afrikanischen Kontinent. Obwohl es aufgrund seiner energieintensiven Wirtschaft und der Nutzung von Kohle als Hauptenergiequelle hohe CO2-Emissionen hat, verfolgt Südafrika den ehrgeizigen Plan bis 2050 klimaneutral zu sein. Als wichtiger Schritt zur Erreichung dieses Ziels wurde im Jahr 2019 eine CO2-Steuer eingeführt, die bis 2030 auf 30 US-Dollar pro Tonne CO2 steigen soll. In ihrer Forschungsarbeit hat sich Agatha Majcher intensiv mit den Auswirkungen dieser CO2-Steuer auf die Bevölkerung auseinandergesetzt. Die Ergebnisse ihrer Untersuchungen zeigen, dass insbesondere Haushalte mit geringem Einkommen am stärksten von der CO2-Steuer betroffen sind. Dabei spielen horizontale Faktoren wie der Wohnort, die ethnische Zugehörigkeit und die Energieversorgung eine Rolle bei den Unterschieden in der Belastung. Um diese Ungleichheiten anzugehen, hat Agatha Majcher verschiedene Rückverteilungsszenarien simuliert, darunter Pauschalzahlungen, Steuererleichterungen und gezielte Subventionen. Ihre Forschungsarbeit trägt dazu bei, ein umfassendes Verständnis der Auswirkungen der CO2-Steuer in Südafrika zu gewinnen und Lösungsansätze für eine sozial gerechte Transformation zu entwickeln. Sie liefert wichtige Erkenntnisse für politische Entscheidungsträger und Stakeholder, um effektive Maßnahmen zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen zu planen und gleichzeitig soziale Ungleichheiten zu berücksichtigen.
Besser Umnutzen als Abreißen
Reingard Hesse, 3. Preis (Preisgeld 750 Euro)
„Umnutzung statt Abriss - Transformation eines Kirchenensembles zum Begegnungszentrum“ so der Titel der Abschlussarbeit von Reingard Hesse, die Architektur an den der TU Berlin studiert hat. Es ist es gängige Praxis, Gebäude abzureißen und Neubauten an deren Stelle zu setzen. Obwohl die graue Energie, die in Bestandsgebäuden enthalten ist, also die gebündelte Energie, die für Bau, Herstellung und Transport aufgewendet wurde, bei einem Abriss unumgänglich verloren geht. Zudem ist für das mengenmäßig größte Abrissmaterial wie Betonschutt, Ziegel und Steine kein echtes Recycling üblich. Die evangelische Zuversichtskirche in Berlin mit Wohnhaus und Kita aus den 60 Jahren litt seit längerem unter sinkenden Mitglieder*innenzahlen. Zudem waren die Gebäude bauphysikalisch und barrieretechnisch nicht mehr zeitgemäß. Dennoch sollte der soziale, kulturelle und kreative Begegnungsraum, den die Gemeinde über Jahrzehnte dort etabliert hat, dem umliegenden Quartier erhalten bleiben. Somit entschied sich die Gemeinde das Ensemble komplett abreißen zu lassen und beauftragte die Planung eines Neubaus mit Saal, Kita, Gruppenräumen und Inklusionsbetrieb.
Der Schwerpunkt dieser Masterarbeit war das Transformieren des Kirchenensembles, sodass der Bestand weitestgehend erhalten bleibt und dennoch das geforderte Raumprogramm sowie aktuelle bauphysikalische Anforderungen zum Tragen kommen. Zudem wurden die beiden Entwurfsszenarien in Bezug auf Bauteilkosten, Treibhauspotenzial, Masse und Umweltkosten miteinander methodisch verglichen. So zeigte sich, dass die Umnutzung in allen Vergleichsparametern deutlich besser abschneidet. Der Bestand bietet somit ein enormes Potenzial, welches ideell, ökologisch und ökonomisch viel mehr ausgeschöpft werden kann und muss, um die zukünftigen Herausforderungen der Klimakrise im Bereich des Bausektors zu meistern.
Über den Zustand der Bäume in historischen Parkanlagen
Julia von Vietinghoff, 3. Preis (Preisgeld 750 Euro)
Der Klimawandel beeinträchtigt auch die historischen Parkanlagen, deren kulturelles und biodiverses Erbe in Gefahr ist. Julia von Vietinghoff hat Landschaftsarchitektur an der TU Berlin studiert und in ihrer Abschlussarbeit mit dem Titel „Zustand der Bäume in historischen Parkanlagen - nach Jahren mit Extremwettersituationen“ bilanziert sie die Schäden an Bäumen in historischen Parkanlagen, welche als Folgen des Klimawandels identifiziert werden können. Die Gartendenkmalpflege ist bereits mit zahlreichen Maßnahmen zur Erhaltung und Stabilisierung der Anlagen beschäftigt. In großen Anlagen existieren in der Regel Baumkataster, welche Daten wie den botanischen Namen der Pflanzen, ihre Standorte und eine Beurteilung der Vitalität beinhalten. Diese Kataster werden in bestimmten Rhythmen aktualisiert und können somit wertvolle Hinweise liefern, wie und ob der Klimawandel die Gärten beeinträchtigt. Bisher fehlt jedoch eine umfassende Dokumentation und Auswertung dieser Daten und die daraus resultierenden Rückschlüsse. Weder kann die Gesamtsituation objektiv beurteilt werden, noch ist ein Vergleich der Entwicklungen über die Jahre hinweg zu leisten. Bislang ist auch unklar, welche Arten von Bäumen besonders geschädigt wurden. Ziel der Arbeit von Julia von Vietinghoff ist einerseits die exemplarische Auswertung von Katasterdaten aus dem Stadtpark Rotehorn in Magdeburg, dem Großen Garten in Dresden und dem Schlosspark Charlottenburg in Berlin. Zudem analysiert sie, ob die sowohl von den Parkverwaltungen als auch den Medien als dramatisch geschilderte Situation, insbesondere in Folge der Jahre 2017, 2018 und 2019, in welchen der Klimawandel besonders durch Trockenheit und Stürme sichtbar wurde, belegbar ist.
Die Auswertung zeigt, dass die Daten unterschiedliche Qualitäten aufweisen, dass sie keine Zeitreihen wiedergeben können und dass deren Bewertungsskalen voneinander abweichen. Die Daten zeigen auch, dass die Gehölze nicht vital sind. Neben der Datenanalyse hat Julia von Vietinghoff Interviews mit den Verwaltungen und Pflegepersonal der jeweiligen Parkanlagen geführt. Sie ergaben, dass die Protagonist*innen in höchster Alarmbereitschaft sind und mit großem Know-How und Motivation alle ihnen zur Verfügung stehenden Mittel, welche jedoch teilweise sehr knapp sind, einsetzen, um die Parkanlagen für die Zukunft zu erhalten.