Zur hochpräzisen automatischen Steuerung eines Luftarbeitsflugzeugs wurde ein redundantes Flugsteuerungssystem für den Motorsegler STEMME S15 im Rahmen des Projekts LAPAZ im nationalen Luftfahrtforschungsprogramm (LUFO IV) entwickelt. Zur Erprobung dieses Systems wurde eine Bodentestanlage in Form eines Hardware-in-the-Loop (HIL) - Simulators aufgebaut. Mit ihm kann die korrekte Integration des Flugsteuerungssystems in das Flugzeug (STEMME S15 Prototyp) am Boden verifiziert und die korrekte Funktion der Flugregelgesetze überprüft werden. Die HIL-Simulation ist Teil eines kostengünstigen Entwicklungsprozesses für sicherheitskritische Systeme, welcher am Fachgebiet aufgebaut wurde.
Die Aufgabe des HIL-Simulators besteht darin, Tests des automatischen Flugsteuerungssystems in Verbindung mit dem STEMME S15 Prototyp am Boden durchführen zu können.
Aufgrund der fehlenden Flugzeugbewegung ist die gesamte Sensorik des Flugsteuerungssystems außer Betrieb und muss simuliert werden. Dies betrifft:
Des Weiteren kommt der Betrieb des Motors aus sicherheitstechnischen sowie aus ökologischen und ökonomischen Gründen nicht in Frage. Außerdem wäre eine realistische Funktion der Antriebseinheit aufgrund der fehlenden Anströmung nicht gewährleistet.
Sensor- und Motordaten dienen der Flugregelung als Eingangsgrößen. Um den korrekten Betrieb der Flugsteuerung zu gewährleisten, müssen die Messwerte in einer Flugsimulation erzeugt werden. Dies geschieht in der Simulationseinheit (simulation unit). Für die Simulation wird ein mathematisches Flugzeugmodell der STEMME S15 verwendet. In diesem ist auch die Antriebseinheit modelliert. Als Ausgangsgrößen stehen die aktuelle Drehzahl sowie die Abgastemperatur des Motors zur Verfügung. Das flugmechanische Modell der S15 besteht aus einer nichtlinearen sechs Freiheitsgradsimulation des starren Flugzeugs, die um die für die Reglererprobung wichtigen elastischen Freiheitsgrade erweitert wurde. Außerdem enthält die Simulation ein Sensormodell. Dieses besteht aus einem Dynamikmodell (Totzeiten usw.) und einem Fehlermodell (Rauschen, Bias, Drift usw.). Die simulierten Sensor- und Motordaten werden den Flugsteuerungsrechnern als Eingangsgrößen übermittelt.
Die Flugsimulation benötigt als Eingang die Informationen der Steuerorgane. Die Ausschlagwinkel der Stellflächen werden mit Hilfe von Potentiometern gemessen. Somit entfällt die Modellierung der Gesamtübertragungsfunktion der Ruderansteuerung (Aktuatorik, Gestängekinematik usw.) in der Simulation. Die Antriebseinheit benötigt als Eingangsgrößen die Drosselklappenstellung und das Propeller-Drehzahlkommando. Die Stellung der Drosselklappe liefert die TCU durch interne Messung mit Hilfe eines Potentiometers. Über das Steuergerät zur Drehzahlregelung des Propellers wird das Drehzahlkommando vorgegeben.
Der HIL-Simulator hat einen ähnlichen Aufbau wie der vom FMRA betriebene Forschungssimulator SEPHIR. Dabei wird auf Hardware-Komponenten zurückgegriffen, die sich in der Praxis bewährt haben. Dies bietet zusätzlich den Vorteil, dass bestehende Software-Module mit geringem Programmieraufwand für den HIL-Simulator adaptierbar sind. Die Simulatoren sind modular und überwiegend aus Standard-Einzelkomponenten aufgebaut. Gegenüber einem schlüsselfertigen Gesamtsystem sind die Beschaffungs- und Wartungskosten deutlich geringer. Des Weiteren ist das System flexibel erweiterbar.
Auf dem Simulationsrechner wird der eigentliche Simulationsprozess ausgeführt. Zur Verfügung steht ein Hochleistungsrechner, auf dem ein UNIX-Betriebssystem installiert ist. Dieses wurde um Echtzeitfunktionalitäten erweitert und dahingehend optimiert, zeitkritische Anwendungen auszuführen.
Die Simulationsschnittstelle (SIMIF – Simulation Interface) ermöglicht den Datentransfer zwischen der S15 und dem Simulationsrechner. Sie besteht aus einem konventionellen PC und einem PCI-Expansion-System zur Erweiterung der Steckkartenkapazität. Die Schnittstellenkarten umfassen die Übertragungsstandards ARINC 429, RS-232 und CAN und ermöglichen die Analog / Digital (A/D) Wandlung. Die Ausgänge der Karten sind über einen Kabelbaum mit den entsprechenden Komponenten des Flugsteuerungssystems der S15 verbunden.
Die gesamte Kommunikation zwischen den einzelnen Rechnern der Simulationseinheit findet per UDP (User Datagram Protocol) statt. Die Steuerung der Simulation erfolgt mit Hilfe eines Notebooks. Dabei sind verschiedene Simulationsparameter in Echtzeit veränderbar. Die Informationen über Position und Bewegung des Flugzeugs werden vom Sichtrechner verarbeitet und mit Hilfe eines Projektors dargestellt. Die Anzeigeinstrumente im Cockpit und eine Flugzeug-Außensicht werden von einem separaten Rechner (Überwachungsrechner) generiert und auf den Monitoren abgebildet.