Elektrische Energiespeichertechnik

Batteriemanagement - Hardware und Algorithmen

Das Batteriemanagement umfasst die Überwachung, Regelung und Schutz von Akkumulatoren und ist damit essentieller Bestandteil jedes Batteriesystems. Je nach Speicheranwendung und Zellchemie muss das Batteriemanagement dabei unterschiedlich komplexen Anforderungen gerecht werden. So ist die Anzahl der Aufgaben und der zu überwachenden und zu regelnden Parameter bei einer Traktionsbatterie im Elektrofahrzeug um ein Vielfaches größer als bei einem Handyakkumulator.

Aufgaben

Bei Überschreitung des maximal zulässigen Stromes bzw. der Zellspannungsgrenzen kann es zur Schädigung der Zelle bis hin zum Ausfall kommen. Daher gehören die Einzelzellüberwachung der elektrischen Größen sowie die Begrenzung des Batteriestroms zu den Kernaufgaben des Batteriemanagements.

Zu hohe oder zu niedrige Temperaturen haben ebenfalls einen negativen Einfluss auf die Lebensdauer der Zelle und können im Extremfall interne Kurzschlüsse oder einen Thermal Runaway zur Folge haben. Die Temperaturüberwachung des Batteriesystems, der Module oder sogar der einzelnen Zellen durch das Batteriemanagement ist daher nötig. Bei passiven Systemen wird der Batteriestrom bei Bedarf stärker limitiert. Bei aktiver Klimatisierung kann darüber hinaus die Temperatur direkt geregelt werden.

Der Ladungsausgleich (Balancing) von Zellen mit unterschiedlichen Ladezuständen innerhalb einer Reihenschaltung obliegt ebenfalls dem Batteriemanagement.

Daneben fällt die Zustandsbestimmung des Batteriesystems in den Aufgabenbereich des Batteriemanagements. Insbesondere eine genaue Bestimmung des Ladezustandes (SOC, State of Charge), sowohl für die einzelnen Zellen eines Packs, als auch für die gesamte Batterie, sind für das überlagerte Energiemanagement und eine Abschätzung der verbleibenden Reichweite bzw. Funktionsdauer bei mobilen Anwendungen von großer Bedeutung.

Wichtige Zellparameter, wie Kapazität und Innenwiderstand ändern sich über die Lebensdauer einer Zelle. Daher wird die Größe bzw. der Alterungszustand (SOH, State of Health) der Zellparameter anhand der gemessenen Größen und hinterlegten Modelle laufend geschätzt.

Um eine Verletzung der Betriebsgrenzen zu vermeiden, werden anhand der gemessenen Größen und der geschätzten Zustände und Zellparameter die Ladeakzeptanz (CA, Charge Acceptance), die maximal mögliche Leistungsfähigkeit (CC, Cold Cranking) sowie die Energiereserven berechnet und diese Informationen (SOF, State of Function) an das überlagerte Energiemanagement weitergegeben.

Adresse

Technische Universität Berlin
FG Elektrische Energiespeichertechnik
Institut für Energie und Automatisierungstechnik
Fakultät IV
Sekr. EMH 2
Einsteinufer 11
D-10587 Berlin

Kontakt

Gebäude EMH
Raum EMH 255

Batteriemanagementsysteme

Für die Erfüllung der Aufgaben muss das Batteriemanagementsystem (BMS) über Schaltungen für die Erfassung der Zellspannungen, des Batteriestromes und der Temperaturen verfügen. Für den Ladungsausgleich werden Balancer-Schaltungen verwendet, die in der Lage sind einzelne Zellen gezielt zu entladen (passive Balancing-Systeme), Energie zwischen den einzelnen Zellen umzuladen (aktive Balancing-Systeme) oder Energie einzelner Zellen für die Anwendung zur Verfügung zu stellen bzw. Zellen einzeln zu laden (Redistribution). Aufgrund des geringeren Schaltungsaufwandes sind passive Balancing-Systeme am weitesten verbreitet, auch wenn die Kapazität einer Reihenschaltung von der Zelle limitiert wird, die die kleinste Kapazität hat. Aktive Systeme müssen neben den reinen Widerständen und Schaltern zusätzlich über Induktivitäten oder Kapazitäten für die Umladung und einen Transformator verfügen, dafür steigt die zur Verfügung stehende Kapazität an. Bei Redistribution ist für jede Zelle ein Gleichspannungswandler notwendig, daher sind diese Systeme sehr kostenintensiv, dafür ist der Anteil der tatsächlich zur Verfügung stehenden Energie der Reihenschaltung mit diesem System am größten.

Algorithmen/Verfahren

Für die Bestimmung der Batteriezustände und –parameter kommen verschiedene Verfahren und Algorithmen zum Einsatz. Für die Ladezustandsbestimmung können beispielsweise die Amperestunden-Zählung mit Ruhespannungs-Korrektur oder nicht lineare Kalman-Filter genutzt werden. Für die Parameternachführung der Kapazität werden diese Verfahren erweitert, um z.B. Least-Square Fitting Methoden oder den Einsatz von Dual oder Joint Kalman-Filter. Die Zellimpedanz kann bei Lastsprüngen oder gezielt durch Pulsmessungen online bestimmt werden. Auch fahrzeugtauglich EIS-Messungen, um die Impedanz über ein weiten Frequenzbereich zu erfassen, können ergänzend eingesetzt werden. Darüber hinaus sind selbst lernende Algorithmen und Back-End gestützte Verfahren denkbar, um zukünftig neben der Parameterbestimmung eine Prognose für den weiteren Verlauf treffen zu können.


Neben den Verfahren zur Zustands- und Parameterbestimmung müssen Balancing-Algorithmen implementiert werden. Diese Algorithmen lassen sich in Spannungs- und Amperestunden basierte Verfahren einteilen. In der Entwicklung und Forschung befinden sich zudem Algorithmen, die ein regeneratives Balancing erlauben und so aktiv zur Verlängerung der Lebensdauer der Batterie beitragen können.

Hardware-in-the-Loop Simulation

Aufgrund der hohen Energiedichten und Gefahrenpotentiale bei einigen Zellchemien werden an die BMSe besonders hohe Anforderungen gestellt und es handelt sich um sicherheitsrelevante Systeme. Die Funktionsfähigkeit neu entwickelter BMSe muss dementsprechend stets nach festgelegte Normen geprüft werden, was einen lange Entwicklungs- und Evaluationszeit von BMSen nach sich zieht.

Als Alternative zu realen Zellen können in der Testphase Hardwareplattformen, die das Verhalten der Zellen emulieren, eingesetzt werden. Mit diesen Batteriesimulatoren werden Hardware-in-the-Loop Tests durchgeführt, um schnell und gefahrlos verlässliche Testergebnisse bei minimalen Ressourcen zu erhalten. Der Einsatz von HiL-Simulatoren, die in der Lage sind Leistung liefern und aufnehmen zu können, erlaubt eine Validierung sowohl der hinterlegten Algorithmen als auch der Schaltungen von BMSen. Zusätzlich kann das Verhalten der Systeme außerhalb der Systemgrenzen überprüft werden ohne ein Brand- oder Explosionsrisiko durch Überschreiten von Grenzwerten realer Zellen hervorzurufen.