Konfliktmanagement an der TU Berlin

„Ich möchte eine Kultur des konstruktiven Umgangs mit Konflikten etablieren.“

Fragen an Tatjana Petersen, Konfliktmanagerin an der TU Berlin.

Liebe Frau Petersen, zunächst einmal ein herzliches Willkommen an der TU Berlin. Seit April sind Sie als Konfliktmanagerin an unserer Universität tätig. Ihre Position ist neu und bisher an der TU Berlin in dieser Form nicht existent gewesen. Wie kam es dazu, dass Sie zur TU Berlin gekommen sind, und könnten Sie uns etwas über Ihren beruflichen Hintergrund erzählen?

Tatjana Petersen: Seit nunmehr zehn Jahren arbeite ich als selbstständige Mediatorin und Mediationsausbilderin. Während dieser Zeit habe ich mediiert, Vorträge gehalten und Workshops zu verschiedensten Themen der Kommunikation und Konflikttheorie gegeben. Im letzten Jahr wurde ich während eines Seminars von einer Teilnehmerin auf die Stelle an der TU Berlin aufmerksam gemacht. Das hat mein Interesse geweckt, für diese große Organisation ein Konfliktmanagementsystem einzuführen, das nachhaltig zu einer wertschätzenden und respektvollen Kommunikationskultur beiträgt. Ich bin ehrfürchtig angesichts der Größe der TU Berlin und freue mich gleichzeitig auf die Gestaltung dieser komplexen neuen Aufgabe.

Können Sie uns etwas mehr über Ihre Aufgaben als Konfliktmanagerin an der TU Berlin erzählen?

Tatjana Petersen: Meine Hauptaufgabe besteht darin, ein Konfliktmanagementsystem an der TU Berlin zu implementieren und darin alle Akteur*innen miteinzubeziehen, bei denen Konflikte ankommen und die schon jetzt mit Aspekten der Konfliktbearbeitung befasst sind. Mir ist es wichtig, gemeinsam zu klären, wer zukünftig für welche Aufgaben verantwortlich sein wird und wie die Abläufe bei unterschiedlichen Konflikten und Konfliktstufen gestaltet werden können. Ziel ist, eine Profilschärfung der Bereiche, eine Klarheit in den Bearbeitungsformaten und eine Vermeidung von Doppelbearbeitung zu erwirken. Wenn das System steht und die Abläufe klar sind, soll das transparent nach außen kommuniziert werden.
Perspektivisch strebe ich die Bildung eines Konfliktrats aus diesen beteiligten Akteur*innen an. Dieser Rat soll sich mit übergeordneten systemischen Konflikten befassen, die keiner von uns lösen kann, um Vorlagen für das Präsidium und den Akademischen Senat zu erstellen.

Sie sprachen von Profilschärfung. Wird es für die TU-Mitarbeiter*innen eine Art zentrale Anlaufstelle für Konflikte geben?

Tatjana Petersen: Diese zentrale Anlaufstelle wird die Konfliktkoordinierungsstelle sein. Im Moment besteht sie nur aus mir. Meine Vorstellung ist, dass das perspektivisch eine Abteilung mit mehreren Mitarbeiter*innen sein wird. Mein Ziel besteht darin, sicherzustellen, dass jede Person im Haus im Falle eines Konflikts weiß, an wen sie sich wenden kann. Ich möchte gern einen Pool aus internen und externen Mediatorinnen aufbauen, der international und divers aufgestellt ist. Dieser Pool soll allen Beschäftigten zur Verfügung stehen, die einen Konflikt mediativ bearbeiten möchten. Ich suche deshalb zunächst nach Mitarbeiter*innen, die bereits eine Mediationsausbildung absolviert haben und daran interessiert sind, im internen Pool mitzuarbeiten.

Warum halten Sie ein Konfliktmanagement an der TU Berlin für sinnvoll?

Die TU Berlin ist eine renommierte deutsche Universität, die in verschiedenen Bündnissen engagiert ist, die potenzielle Spannungen mit unterschiedlichen Interessen und Vorstellungen der beteiligten Akteur*innen mit sich bringen. Im Rahmen ihrer innovativen Forschungsprojekte strebt die TU Berlin eine gesellschaftliche und technische Transformation an, die auch erfordert, alte Denkmuster zu verlassen und neue Wege der Kommunikation und Konfliktbearbeitung zu gehen. Dabei halte ich es für wichtig, gemäß des Harvard Konzepts, „hart in der Sache und weich zum Menschen zu sein“. Leider handeln wir oft genau umgekehrt, indem wir unsere Position vage ausdrücken, aber gleichzeitig unser Gegenüber abwerten und dadurch sogar die kollegiale Beziehung gefährden. Neben der klaren Formulierung der eigenen Interessen, ist das aktive Zuhören und die Position des Gegenübers verstehen zu wollen, ein wichtiger Schlüssel der Verständigung.

Müssen wir einen anderen Umgang mit Konflikten erlernen?

Im Großen wie auch im Kleinen möchte ich dafür plädieren, eine Kultur des konstruktiven Umgangs mit Konflikten zu etablieren, in der allen klar ist, dass Konflikte ganz selbstverständlich zum Alltag dazugehören. Konflikte zu haben, sollte nicht negativ konnotiert sein. Schwierig wird es erst, wenn wir Konflikten aus dem Weg gehen oder sie verdrängen und nur noch übereinander statt miteinander reden. Stattdessen sollten wir Konflikte als Chance begreifen, uns entwickeln zu können. Erst wenn alle Karten auf dem Tisch liegen und deutlich wird, welche Bedürfnisse und Interessen die einzelnen Beteiligten haben, können wir über Lösungsansätze nachdenken.

Vieles von dem, was Sie erwähnten, ist noch im Aufbau. Wenn ich als Beschäftigte*r an der TU Berlin jetzt akut einen Konflikt angehen möchte, kann ich mich auch an Sie wenden?

Ja, das ist möglich. Ich biete dienstags von 9:00 bis 11:00 Uhr eine offene Sprechstunde an. Es ist ratsam, sich vorher bei mir anzumelden, um sicherzustellen, dass nicht zu viele Personen gleichzeitig vor der Tür stehen. Alternativ können mich alle Beschäftigten an der TU Berlin per E-Mail oder telefonisch kontaktieren. In einem ersten Gespräch sondiere ich gemeinsam mit der von einem Konflikt betroffenen Person, welche Art der Konfliktbearbeitung in diesem Fall sinnvoll ist und wer dabei unterstützen kann. Manchmal hilft es auch, die Person zu stärken und ihr zu empfehlen, Kommunikationsstrategien zu erlernen, um Konfliktgespräche zukünftig besser führen zu können. Manchmal ist es bereits ein Fortschritt, wenn man sich in einem Gespräch, in dem man sich angegriffen fühlt, nicht mehr so hilflos fühlt.
In diesem Zusammenhang werde ich eng mit den Kolleg*innen aus dem Bereich Personalentwicklung und Weiterbildung zusammenarbeiten, um sicherzustellen, dass wir diesbezüglich ein noch umfangreicheres Weiterbildungsangebot für unsere Mitarbeiter*innen bereitstellen können. Dies beinhaltet auch gezielte Maßnahmen zur Konfliktprävention. Es ist mein Bestreben, dass insbesondere Führungskräfte Weiterbildungen erhalten und wahrnehmen, um ihre Feedbackkompetenzen und Gesprächsführungsfähigkeiten bei Konflikten im Team zu stärken. Dadurch sollen sie in der Lage sein, Konflikte frühzeitig zu erkennen und deeskalierend einzugreifen.

Wie geht es weiter, wenn ein Konflikt eine professionelle Begleitung braucht?

Zunächst muss geklärt werden, ob beide Konfliktparteien bereit sind, an einer Mediation teilzunehmen. Falls ja, treffen wir uns zu einem gemeinsamen Vorgespräch. In diesem Stadium geht es noch nicht um das eigentliche Thema des Konflikts, sondern vielmehr darum, den Rahmen zu besprechen und den Mediationsprozess vorzustellen und zu entscheiden, wer alles an diesem Prozess beteiligt ist. Anschließend entscheiden die Parteien, ob sie den Konflikt mit mir als Mediatorin bearbeiten möchten oder ob wir gemeinsam nach anderen Mediator*innen suchen.
Ich habe mich für die Anfangsphase als Konfliktmanagerin dafür entschieden, zunächst viele Fälle selbst zu bearbeiten, damit ich ein Gefühl für die Konflikte an der TU bekomme und ein Problembewusstsein, wie genau das zukünftige Konfliktmanagement an der TU aussehen muss.

Können Sie zum Abschluss eine Einschätzung geben, ab welchem Punkt ich mich auf den Weg machen sollte, um Unterstützung in einem Konflikt zu suchen? Viele Menschen denken möglicherweise, dass ihr Problem zu geringfügig sei, um sich an Sie oder andere Kolleg*innen zu wenden.

Im Grunde genommen bezeichnen wir Mediator*innen eine Situation als Konflikt, sobald eine Person sie als konflikthaft empfindet. Leider bestätigt die Konflikttheorie, dass unbehandelte Konflikte automatisch eskalieren. Daher ist der erste Schritt immer, die Person direkt anzusprechen, mit der es Unstimmigkeiten gibt. Dabei ist es ratsam, auch in vermeintlich frühen Konfliktsituationen Unterstützung in Anspruch zu nehmen. Ein Gespräch mit einer neutralen Person und gerne auch mit mir, kann dabei bereits hilfreich sein, um die Situation besser einzuschätzen und zu überlegen, wie man weiter vorgeht. Lässt man es einfach laufen, verhärten sich die Fronten automatisch.
Ich möchte alle TU-Mitarbeiterinnen ermutigen, Konflikte proaktiv anzugehen und nicht zu verdrängen, um die kollegialen Beziehungen nachhaltig zu schützen. Das ist Teil der veränderten Konfliktkultur, von der ich sprach. Konflikte sind ein Bestandteil des Lebens und lediglich ein Hinweis darauf, dass es unterschiedliche Perspektiven, Interessen und Bedürfnisse gibt, die zuerst geklärt werden müssen, bevor die Parteien gemeinsam kreative und konstruktive Lösungen finden können. Es ist mir eine Freude, Menschen auf diesem Weg begleiten zu können.

Das Interview führte Laura Brönstrup.

Aufruf: Haben Sie eine Mediationsausbildung und Lust, Teil des Mediator*innen-Pools an der TU Berlin zu werden? Dann melden Sie sich bei Tatjana Petersen. Siehe Link in der Kontaktbox.

Weiterführende Informationen