Es braucht etwas Mathematik, um „Social Distancing“ zu verstehen

Die Zahlen hinter dem Phänomen

Die ganze Welt scheint nur ein Thema zu haben: „Social Distancing“ - also die Reduktion von sozialen Kontakten. Trotzdem scheint es so, als kennen viele Menschen zwar das Schlagwort, aber die Bedeutung erschließt sich meistens nicht so schnell. Warum? Dahinter steckt im wesentlichen Mathematik. Prof. Dr. Martin Skutella, Professor für Mathematik und Informatik an der TU Berlin, erläutert die Mathematik hinter dem gesellschaftlichen Phänomen. Sein Beispiel sind die Social Media.

Die mathematische Formel hinter den Rechenbeispielen

Nimmt man als Beispiel das Video, das Martin Skutella zu dem Thema in seinem Homeoffice gedreht hat, funktioniert die Rechnung wie folgt: Er schickt das Video an zehn seiner Studierenden. Von diesen zehn „liken“ vier das Video und diese vier schicken es jeweils wiederum weiter an zehn Studierende. Von jeder Zehner-Gruppen „liken“ es wiederum vier, schicken es weiter an zehn und immer so weiter.

„Dann hätte das Video innerhalb von zehn Tagen über eine Million Likes. In der Sprache der Social-Media-Community: Das Video geht viral“, so Martin Skutella.

Mathematisch wird diese Entwicklung durch eine geometrische Summe beschrieben: Nach n Tagen hat das Video 1+q+q2+q3+........+qn = (qn+1 -1)/(q-1) Likes.

Was wäre, wenn jede Person das Video nur an fünf Personen weiterleitet?

Dabei bezeichnet q die Anzahl der Likes, die jeder Like am nächsten Tag nach sich zieht.

Was würde aber passieren, wenn die Studierenden nicht ganz so mitteilungsfreudig wären und jeder das Video jeweils nur an fünf anstatt an zehn Personen weiterleitet und von denen jeweils nur zwei anstatt vier es liken würden? Wenn die Studierenden also virtuelles „Social Distancing“ betreiben würden?

„In dem Fall gäbe es zwar immer noch ein sogenanntes exponentielles Wachstum. Aber die magische Grenze von einer Million Likes würde eben erst nach 20 Tagen und nicht schon nach zehn erreicht“, erklärt der Wissenschaftler: „Genau das versuchen die Behörden aktuell durch den Aufruf zu erreichen, soziale Kontakte soweit wie möglich zu vermeiden. Der Virus wird sich weiter verbreiten, aber eben langsamer. Damit erhält unser Gesundheitssystem wertvolle Vorbereitungszeit.“

Professor Skutella erklärt im Video das gesellschaftliche Phänomen

© Martin Skutella

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